waren die ersten Pianofabrikanten gekommen, und stritten unter einander um die Ehre, ihm ihre Instrumente während seines Aufenthalts anbieten zu dürfen.
Als Weber sich zum erstenmale in's Coventgarden-Theater begeben hatte, erkannte man ihn in dem Augenblicke, als er sich über den Rand seiner Loge hinbog, um das Innere des Saales zu betrachten. Alsbald erhob sich von allen Seiten zugleich ein Beifallrufen, und er sah sich ge¬ nöthigt, sich zu zeigen und wiederholentlich zu grüßen. Das Publikum verlangte nachdrücklich die Ouvertüre des Freischütz, und kaum vermochte das Ausziehen des Vorhangs dem Lärm ein Ende zu machen. Der arme Künstler war zu Dresden nicht daran gewöhnt, sich mit solcher Auszeich¬ nung behandelt zu sehen, und war daher über den so unerwarteten Em¬ pfang recht inniglich gerührt. Bevor er seine neue Oper der Londoner Bühne zum Einstudieren gab, leitete Weber die Wiederaufführung des Freischütz, und sorgte selbst für's Einstudieren der Rollen und überhaupt für die ganze Aufführung. Gleich bei seinem Eintritt in's Orchester, ge¬ rieth der ganze Saal in Bewegung, die Ouvertüre ward wiederholt, und jedes Stück mehrmalen durch Beifallsbezeugungen unterbrochen. Nichts fehlte endlich mehr zu Webers Triumph, sogar das Herausrufen -- welche Ehre bisher nie einem Componisten in England zu Theil geworden -- nicht aus¬ genommen. Dies alles war freilich geeignet, ihn zu berauschen, und die Eitelkeit des Künstlers fand Stoff genug zur Zufriedenheit; allein noch war der Hauptzweck seiner Reise nicht erreicht. Es hing lediglich vom glückli¬ chen Erfolg des Oberon ab zu bestimmen, in wie fern er Ursache habe, sich dazu Glück zu wünschen, sie unternommen zu haben. Der große Tag war endlich da; am 11. April hatte die letzte allgemeine Repetition Statt gefunden. Alle Abonnirte haben in den Londoner Bühnen Zutritt an den Tagen der Hauptrepetitionen; weshalb auch fast gar kein Unterschied zu be¬ merken ist zwischen dem letzten Versuch und einer gewöhnlichen Vorstellung. Der Saal des Coventgarden-Theaters war mit einem glänzenden Publikum angefüllt. Der erste Akt ward sehr gut ausgeführt; im zweiten aber, als grade die zwei Hanptschauspieler erscheinen sollten, blieb die Scene leer. Es ward angekündigt, daß die Schauspielerin Miß Paton durch das Nie¬ derstürzen eines Theils der Decoration verwundet worden sei. Dieser Zu¬ fall kam einigen abergläubischen Personen wie eine schlimme Vorbedeutung vor. Die Vorstellung ward demungeachtet nur um wenige Tage hinausge¬ schoben. Webers Arbeit ward überhaupt und im Ganzen sehr günstig auf¬ genommen, erhielt aber bei weitem den enthusiastischen Beifall nicht wie der Freischütz. Man war auf eine Musik gefaßt, die den nämlichen Cha¬ rakter haben sollte wie diese Oper, und der Unterschied war auffallend.
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waren die ersten Pianofabrikanten gekommen, und stritten unter einander um die Ehre, ihm ihre Instrumente während seines Aufenthalts anbieten zu dürfen.
Als Weber sich zum erstenmale in's Coventgarden-Theater begeben hatte, erkannte man ihn in dem Augenblicke, als er sich über den Rand seiner Loge hinbog, um das Innere des Saales zu betrachten. Alsbald erhob sich von allen Seiten zugleich ein Beifallrufen, und er sah sich ge¬ nöthigt, sich zu zeigen und wiederholentlich zu grüßen. Das Publikum verlangte nachdrücklich die Ouvertüre des Freischütz, und kaum vermochte das Ausziehen des Vorhangs dem Lärm ein Ende zu machen. Der arme Künstler war zu Dresden nicht daran gewöhnt, sich mit solcher Auszeich¬ nung behandelt zu sehen, und war daher über den so unerwarteten Em¬ pfang recht inniglich gerührt. Bevor er seine neue Oper der Londoner Bühne zum Einstudieren gab, leitete Weber die Wiederaufführung des Freischütz, und sorgte selbst für's Einstudieren der Rollen und überhaupt für die ganze Aufführung. Gleich bei seinem Eintritt in's Orchester, ge¬ rieth der ganze Saal in Bewegung, die Ouvertüre ward wiederholt, und jedes Stück mehrmalen durch Beifallsbezeugungen unterbrochen. Nichts fehlte endlich mehr zu Webers Triumph, sogar das Herausrufen — welche Ehre bisher nie einem Componisten in England zu Theil geworden — nicht aus¬ genommen. Dies alles war freilich geeignet, ihn zu berauschen, und die Eitelkeit des Künstlers fand Stoff genug zur Zufriedenheit; allein noch war der Hauptzweck seiner Reise nicht erreicht. Es hing lediglich vom glückli¬ chen Erfolg des Oberon ab zu bestimmen, in wie fern er Ursache habe, sich dazu Glück zu wünschen, sie unternommen zu haben. Der große Tag war endlich da; am 11. April hatte die letzte allgemeine Repetition Statt gefunden. Alle Abonnirte haben in den Londoner Bühnen Zutritt an den Tagen der Hauptrepetitionen; weshalb auch fast gar kein Unterschied zu be¬ merken ist zwischen dem letzten Versuch und einer gewöhnlichen Vorstellung. Der Saal des Coventgarden-Theaters war mit einem glänzenden Publikum angefüllt. Der erste Akt ward sehr gut ausgeführt; im zweiten aber, als grade die zwei Hanptschauspieler erscheinen sollten, blieb die Scene leer. Es ward angekündigt, daß die Schauspielerin Miß Paton durch das Nie¬ derstürzen eines Theils der Decoration verwundet worden sei. Dieser Zu¬ fall kam einigen abergläubischen Personen wie eine schlimme Vorbedeutung vor. Die Vorstellung ward demungeachtet nur um wenige Tage hinausge¬ schoben. Webers Arbeit ward überhaupt und im Ganzen sehr günstig auf¬ genommen, erhielt aber bei weitem den enthusiastischen Beifall nicht wie der Freischütz. Man war auf eine Musik gefaßt, die den nämlichen Cha¬ rakter haben sollte wie diese Oper, und der Unterschied war auffallend.
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[307/0315]
waren die ersten Pianofabrikanten gekommen, und stritten unter einander
um die Ehre, ihm ihre Instrumente während seines Aufenthalts anbieten
zu dürfen.
Als Weber sich zum erstenmale in's Coventgarden-Theater begeben
hatte, erkannte man ihn in dem Augenblicke, als er sich über den Rand
seiner Loge hinbog, um das Innere des Saales zu betrachten. Alsbald
erhob sich von allen Seiten zugleich ein Beifallrufen, und er sah sich ge¬
nöthigt, sich zu zeigen und wiederholentlich zu grüßen. Das Publikum
verlangte nachdrücklich die Ouvertüre des Freischütz, und kaum vermochte
das Ausziehen des Vorhangs dem Lärm ein Ende zu machen. Der arme
Künstler war zu Dresden nicht daran gewöhnt, sich mit solcher Auszeich¬
nung behandelt zu sehen, und war daher über den so unerwarteten Em¬
pfang recht inniglich gerührt. Bevor er seine neue Oper der Londoner
Bühne zum Einstudieren gab, leitete Weber die Wiederaufführung des
Freischütz, und sorgte selbst für's Einstudieren der Rollen und überhaupt
für die ganze Aufführung. Gleich bei seinem Eintritt in's Orchester, ge¬
rieth der ganze Saal in Bewegung, die Ouvertüre ward wiederholt, und
jedes Stück mehrmalen durch Beifallsbezeugungen unterbrochen. Nichts fehlte
endlich mehr zu Webers Triumph, sogar das Herausrufen — welche Ehre
bisher nie einem Componisten in England zu Theil geworden — nicht aus¬
genommen. Dies alles war freilich geeignet, ihn zu berauschen, und die
Eitelkeit des Künstlers fand Stoff genug zur Zufriedenheit; allein noch war
der Hauptzweck seiner Reise nicht erreicht. Es hing lediglich vom glückli¬
chen Erfolg des Oberon ab zu bestimmen, in wie fern er Ursache habe, sich
dazu Glück zu wünschen, sie unternommen zu haben. Der große Tag
war endlich da; am 11. April hatte die letzte allgemeine Repetition Statt
gefunden. Alle Abonnirte haben in den Londoner Bühnen Zutritt an den
Tagen der Hauptrepetitionen; weshalb auch fast gar kein Unterschied zu be¬
merken ist zwischen dem letzten Versuch und einer gewöhnlichen Vorstellung.
Der Saal des Coventgarden-Theaters war mit einem glänzenden Publikum
angefüllt. Der erste Akt ward sehr gut ausgeführt; im zweiten aber, als
grade die zwei Hanptschauspieler erscheinen sollten, blieb die Scene leer.
Es ward angekündigt, daß die Schauspielerin Miß Paton durch das Nie¬
derstürzen eines Theils der Decoration verwundet worden sei. Dieser Zu¬
fall kam einigen abergläubischen Personen wie eine schlimme Vorbedeutung
vor. Die Vorstellung ward demungeachtet nur um wenige Tage hinausge¬
schoben. Webers Arbeit ward überhaupt und im Ganzen sehr günstig auf¬
genommen, erhielt aber bei weitem den enthusiastischen Beifall nicht wie
der Freischütz. Man war auf eine Musik gefaßt, die den nämlichen Cha¬
rakter haben sollte wie diese Oper, und der Unterschied war auffallend.
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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/315>, abgerufen am 17.05.2024.
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