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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.

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gießen, das in allen deutschen Herzen entbrannt war, so unterschied sie sich
von der andern liberalen Richtung nur darin, daß sie die Aeußerungen des
erwachten Nationalgeistes nicht sogleich, nachdem die Gefahr verschwunden
war, bis auf ihre letzten Spuren neutralisiren wollte. Auch die andere
Richtung zeigte ihre patriotische Begeisterung, wo es ihr nur möglich war.
Die badische Ständekammer bewilligte einstimmig eine außerordentliche Summe
für die vorgehabten Kriegsrüstungen. Aber in ihrer Aengstlichkeit glaubte sie,
die Nation möge in ihrer Demonstration gegen Frankreich auch die Unschätz¬
barkeit der Güter verkennen, die dieses Land in seinen politischen Instituten
besitzt, bemühte sie sich alsbald, nicht etwa blos die deutschen Antipathieen ge¬
gen Frankreich zu überwältigen, sondern den Geist selbst zu schwächen, worin
jene Antipathieen ihren Ursprung gefunden haben.

Die Parthei der Einheit hat dagegen in jenen Demonstrationen des
Volksgeistes das dieselbe anregende Material in eine dauerhafte Form
zu bringen gesucht, und es ist noch nicht an der Zeit, zu untersuchen, ob
und in wiefern es ihr gelungen ist. So viel ist gewiß, das Feuer der Be¬
geisterung von 1840 mag nun verglommen sein oder nicht, eine wohlthätige,
belebende Wärme ist davon zurückgeblieben.

Während andere Nationen schon durch die verkettende Gewalt der Cen¬
tralisation, man möchte sagen maschinenmäßig, zur Einheit hingetrieben wer¬
den und so eine unwiderstehliche Kraft auf die Entwickelung ihrer politischen
Zustände verwenden können, muß Deutschland beständig vorerst dahin arbei¬
ten, sich einen solchen Centralpunkt zu schaffen. Dieser Centralpunkt soll
und kann für jetzt nur ein innerer, ein geistiger sein. Hat er sich einmal
gebildet, so wird ihm auch ein geistiger Schöpfungstrieb inne wohnen, von all¬
gemeiner nationaler Energie und Wirksamkeit. Eine isolirte, durch Thatsachen
des Zufalls und der hervorstechenden Gewalt einzelner Männer gebildete,
noch so liberale Verfassung in einzelnen deutschen Staaten, ist von secundärer
Bedeutung, sie sei denn ein Produkt des politischen Bildungstriebes der Gesammt-
nation, oder insofern, als sie auf den Geist der ganzen Nation anregend wirkt.
Sonst kann sie blos dazu dienen, dem einzelnen Lande gewisse Privilegien und
Prärogative juristisch zu garantiren.

Man mißverstehe uns nicht. Was inzwischen der einzelne Staat im Sinne
des Fortschrittes gewinnt an äußeren Instituten, an repräsentativen Elementen,
an Erscheinungen lokaler Oeffentlichkeit, das betrachtet die nationale Partei als
dankenswerthe Abschlagszahlung auf eine große Schuld, die das Vaterland dem
Gotte der Freiheit und Civilisation abzutragen hat. Sie betrachtet es aber mit
noch größerem Dankgefühle, als ein ihr geliefertes Mittel zu ihrem Zwecke:
der Schöpfung einer nationalen, öffentlichen Meinung, als Werkstätte der
Einheit und Freiheit, überzeugt, daß ganz andere Früchte sprossen, weit herr-

gießen, das in allen deutschen Herzen entbrannt war, so unterschied sie sich
von der andern liberalen Richtung nur darin, daß sie die Aeußerungen des
erwachten Nationalgeistes nicht sogleich, nachdem die Gefahr verschwunden
war, bis auf ihre letzten Spuren neutralisiren wollte. Auch die andere
Richtung zeigte ihre patriotische Begeisterung, wo es ihr nur möglich war.
Die badische Ständekammer bewilligte einstimmig eine außerordentliche Summe
für die vorgehabten Kriegsrüstungen. Aber in ihrer Aengstlichkeit glaubte sie,
die Nation möge in ihrer Demonstration gegen Frankreich auch die Unschätz¬
barkeit der Güter verkennen, die dieses Land in seinen politischen Instituten
besitzt, bemühte sie sich alsbald, nicht etwa blos die deutschen Antipathieen ge¬
gen Frankreich zu überwältigen, sondern den Geist selbst zu schwächen, worin
jene Antipathieen ihren Ursprung gefunden haben.

Die Parthei der Einheit hat dagegen in jenen Demonstrationen des
Volksgeistes das dieselbe anregende Material in eine dauerhafte Form
zu bringen gesucht, und es ist noch nicht an der Zeit, zu untersuchen, ob
und in wiefern es ihr gelungen ist. So viel ist gewiß, das Feuer der Be¬
geisterung von 1840 mag nun verglommen sein oder nicht, eine wohlthätige,
belebende Wärme ist davon zurückgeblieben.

Während andere Nationen schon durch die verkettende Gewalt der Cen¬
tralisation, man möchte sagen maschinenmäßig, zur Einheit hingetrieben wer¬
den und so eine unwiderstehliche Kraft auf die Entwickelung ihrer politischen
Zustände verwenden können, muß Deutschland beständig vorerst dahin arbei¬
ten, sich einen solchen Centralpunkt zu schaffen. Dieser Centralpunkt soll
und kann für jetzt nur ein innerer, ein geistiger sein. Hat er sich einmal
gebildet, so wird ihm auch ein geistiger Schöpfungstrieb inne wohnen, von all¬
gemeiner nationaler Energie und Wirksamkeit. Eine isolirte, durch Thatsachen
des Zufalls und der hervorstechenden Gewalt einzelner Männer gebildete,
noch so liberale Verfassung in einzelnen deutschen Staaten, ist von secundärer
Bedeutung, sie sei denn ein Produkt des politischen Bildungstriebes der Gesammt-
nation, oder insofern, als sie auf den Geist der ganzen Nation anregend wirkt.
Sonst kann sie blos dazu dienen, dem einzelnen Lande gewisse Privilegien und
Prärogative juristisch zu garantiren.

Man mißverstehe uns nicht. Was inzwischen der einzelne Staat im Sinne
des Fortschrittes gewinnt an äußeren Instituten, an repräsentativen Elementen,
an Erscheinungen lokaler Oeffentlichkeit, das betrachtet die nationale Partei als
dankenswerthe Abschlagszahlung auf eine große Schuld, die das Vaterland dem
Gotte der Freiheit und Civilisation abzutragen hat. Sie betrachtet es aber mit
noch größerem Dankgefühle, als ein ihr geliefertes Mittel zu ihrem Zwecke:
der Schöpfung einer nationalen, öffentlichen Meinung, als Werkstätte der
Einheit und Freiheit, überzeugt, daß ganz andere Früchte sprossen, weit herr-

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[115/0123] gießen, das in allen deutschen Herzen entbrannt war, so unterschied sie sich von der andern liberalen Richtung nur darin, daß sie die Aeußerungen des erwachten Nationalgeistes nicht sogleich, nachdem die Gefahr verschwunden war, bis auf ihre letzten Spuren neutralisiren wollte. Auch die andere Richtung zeigte ihre patriotische Begeisterung, wo es ihr nur möglich war. Die badische Ständekammer bewilligte einstimmig eine außerordentliche Summe für die vorgehabten Kriegsrüstungen. Aber in ihrer Aengstlichkeit glaubte sie, die Nation möge in ihrer Demonstration gegen Frankreich auch die Unschätz¬ barkeit der Güter verkennen, die dieses Land in seinen politischen Instituten besitzt, bemühte sie sich alsbald, nicht etwa blos die deutschen Antipathieen ge¬ gen Frankreich zu überwältigen, sondern den Geist selbst zu schwächen, worin jene Antipathieen ihren Ursprung gefunden haben. Die Parthei der Einheit hat dagegen in jenen Demonstrationen des Volksgeistes das dieselbe anregende Material in eine dauerhafte Form zu bringen gesucht, und es ist noch nicht an der Zeit, zu untersuchen, ob und in wiefern es ihr gelungen ist. So viel ist gewiß, das Feuer der Be¬ geisterung von 1840 mag nun verglommen sein oder nicht, eine wohlthätige, belebende Wärme ist davon zurückgeblieben. Während andere Nationen schon durch die verkettende Gewalt der Cen¬ tralisation, man möchte sagen maschinenmäßig, zur Einheit hingetrieben wer¬ den und so eine unwiderstehliche Kraft auf die Entwickelung ihrer politischen Zustände verwenden können, muß Deutschland beständig vorerst dahin arbei¬ ten, sich einen solchen Centralpunkt zu schaffen. Dieser Centralpunkt soll und kann für jetzt nur ein innerer, ein geistiger sein. Hat er sich einmal gebildet, so wird ihm auch ein geistiger Schöpfungstrieb inne wohnen, von all¬ gemeiner nationaler Energie und Wirksamkeit. Eine isolirte, durch Thatsachen des Zufalls und der hervorstechenden Gewalt einzelner Männer gebildete, noch so liberale Verfassung in einzelnen deutschen Staaten, ist von secundärer Bedeutung, sie sei denn ein Produkt des politischen Bildungstriebes der Gesammt- nation, oder insofern, als sie auf den Geist der ganzen Nation anregend wirkt. Sonst kann sie blos dazu dienen, dem einzelnen Lande gewisse Privilegien und Prärogative juristisch zu garantiren. Man mißverstehe uns nicht. Was inzwischen der einzelne Staat im Sinne des Fortschrittes gewinnt an äußeren Instituten, an repräsentativen Elementen, an Erscheinungen lokaler Oeffentlichkeit, das betrachtet die nationale Partei als dankenswerthe Abschlagszahlung auf eine große Schuld, die das Vaterland dem Gotte der Freiheit und Civilisation abzutragen hat. Sie betrachtet es aber mit noch größerem Dankgefühle, als ein ihr geliefertes Mittel zu ihrem Zwecke: der Schöpfung einer nationalen, öffentlichen Meinung, als Werkstätte der Einheit und Freiheit, überzeugt, daß ganz andere Früchte sprossen, weit herr-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/123>, abgerufen am 24.11.2024.