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Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841.

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lichere Thaten reifen, weit üppigere Blumen blühen werden, wenn die Keime
sich unter der belebenden Wärme der Einen Sonne des nationalen Geistes
werden entwickelt haben. Diese deutsche Einheit soll nicht auf atomistischem
Wege, durch Zusammenfügung einzelner Theile erzwungen werden, sondern
dynamisch aus sich selbst erwachsen, sie soll zugleich allen ihren Elementen
ihre selbstständige Geltung lassen, wodurch allein der durch ihre ätzende Ge¬
walt Alles zernagenden Ultra-Centralisation ein Damm entgegengesetzt wird.

Das erste und wichtigste nationale Einheitsmaterial ist nun das Ter¬
ritorium. Wir müssen unser Land als ein Heiligthum betrachten, dessen er¬
habene Pforten kein fremder Eindringling zum zweitenmale frevelnd verletzen
darf, und sollten wir unsere letzten Blutstropfen, und unsere letzten Thaler
daran setzen müssen, komme er von Osten oder Westen, sei er Slave oder
Celte, komme er im Namen des göttlichen Rechtes, oder der Civilisation.
Selbstständigkeit nach Außen, das ist das erste Erforderniß nationaler
Selbstentwickelung, ohne sie ist letztere ein Unding. Durch das Land¬
wehrinstitut
tritt sie und ihre Nothwendigkeit dem Volke vor Augen.
Es selbst wird zum Wächter dieser Selbstständigkeit nach Außen.

Frankreich äußerte ungerechte Gelüste nach der schönsten Perle unseres
Landes. Man mußte ihm zeigen, daß die Zeit von 1789, die Zeit des
regensburger Reichstags und des Siechthums vorüber ist. Man war es
sich selbst schuldig.

Den Vorwurf, man sei in der Aufreizung gegen Frankreich zu weit
gegangen, der von mancher Seite der nationalen Parthei gemacht wurde,
kann diese leicht abschütteln. Der Charakter des einzelnen Individuums, wie
der einer ganzen Nation wird am kräftigsten durch die Reibung nach au¬
ßen gestärkt; die innere Vervollkommnung, die Fähigkeit, sich nach seinen
inneren Beziehungen als Einheit zu erkennen, oder, um den Ausdruck der
Schule zu gebrauchen, sich selbst zum Object zu werden, ist nur dann
die Möglichkeit, wenn die Selbstentwickelung schon weiter gediehen ist. Dazu
wollte und mußte die nationale Parthei die Bewegung gegen Frankreich
benutzen.

Der Geist der Einheit läßt die verschiedenen Theile der Nation sich als
Brüder erkennen. Nimmt ein frevelnder G[e]waltstreich dem Hanoveraner
sein ihm gebührendes Recht, so wird der Allemanne, wie der Anwohner des
Sundes, die Kränkung mitfühlen, denn dem Einen Vaterlande ist eine
Wunde versetzt worden. Daher die unendliche Bedeutsamkeit des Arndt'schen
Liedes: "Was ist des Deutschen Vaterland", weil es mehr, als das "Sie
sollen ihn nicht haben," und die französische Marseillaise, der Ausdruck eines
ewig bleibenden, immer nur sich kräftigenden Nationalgefühles ist, und nicht
etwa blos, wie jene, das einer momentanen Aufregung geliehene Wort.

lichere Thaten reifen, weit üppigere Blumen blühen werden, wenn die Keime
sich unter der belebenden Wärme der Einen Sonne des nationalen Geistes
werden entwickelt haben. Diese deutsche Einheit soll nicht auf atomistischem
Wege, durch Zusammenfügung einzelner Theile erzwungen werden, sondern
dynamisch aus sich selbst erwachsen, sie soll zugleich allen ihren Elementen
ihre selbstständige Geltung lassen, wodurch allein der durch ihre ätzende Ge¬
walt Alles zernagenden Ultra-Centralisation ein Damm entgegengesetzt wird.

Das erste und wichtigste nationale Einheitsmaterial ist nun das Ter¬
ritorium. Wir müssen unser Land als ein Heiligthum betrachten, dessen er¬
habene Pforten kein fremder Eindringling zum zweitenmale frevelnd verletzen
darf, und sollten wir unsere letzten Blutstropfen, und unsere letzten Thaler
daran setzen müssen, komme er von Osten oder Westen, sei er Slave oder
Celte, komme er im Namen des göttlichen Rechtes, oder der Civilisation.
Selbstständigkeit nach Außen, das ist das erste Erforderniß nationaler
Selbstentwickelung, ohne sie ist letztere ein Unding. Durch das Land¬
wehrinstitut
tritt sie und ihre Nothwendigkeit dem Volke vor Augen.
Es selbst wird zum Wächter dieser Selbstständigkeit nach Außen.

Frankreich äußerte ungerechte Gelüste nach der schönsten Perle unseres
Landes. Man mußte ihm zeigen, daß die Zeit von 1789, die Zeit des
regensburger Reichstags und des Siechthums vorüber ist. Man war es
sich selbst schuldig.

Den Vorwurf, man sei in der Aufreizung gegen Frankreich zu weit
gegangen, der von mancher Seite der nationalen Parthei gemacht wurde,
kann diese leicht abschütteln. Der Charakter des einzelnen Individuums, wie
der einer ganzen Nation wird am kräftigsten durch die Reibung nach au¬
ßen gestärkt; die innere Vervollkommnung, die Fähigkeit, sich nach seinen
inneren Beziehungen als Einheit zu erkennen, oder, um den Ausdruck der
Schule zu gebrauchen, sich selbst zum Object zu werden, ist nur dann
die Möglichkeit, wenn die Selbstentwickelung schon weiter gediehen ist. Dazu
wollte und mußte die nationale Parthei die Bewegung gegen Frankreich
benutzen.

Der Geist der Einheit läßt die verschiedenen Theile der Nation sich als
Brüder erkennen. Nimmt ein frevelnder G[e]waltstreich dem Hanoveraner
sein ihm gebührendes Recht, so wird der Allemanne, wie der Anwohner des
Sundes, die Kränkung mitfühlen, denn dem Einen Vaterlande ist eine
Wunde versetzt worden. Daher die unendliche Bedeutsamkeit des Arndt'schen
Liedes: „Was ist des Deutschen Vaterland“, weil es mehr, als das „Sie
sollen ihn nicht haben,“ und die französische Marseillaise, der Ausdruck eines
ewig bleibenden, immer nur sich kräftigenden Nationalgefühles ist, und nicht
etwa blos, wie jene, das einer momentanen Aufregung geliehene Wort.

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[116/0124] lichere Thaten reifen, weit üppigere Blumen blühen werden, wenn die Keime sich unter der belebenden Wärme der Einen Sonne des nationalen Geistes werden entwickelt haben. Diese deutsche Einheit soll nicht auf atomistischem Wege, durch Zusammenfügung einzelner Theile erzwungen werden, sondern dynamisch aus sich selbst erwachsen, sie soll zugleich allen ihren Elementen ihre selbstständige Geltung lassen, wodurch allein der durch ihre ätzende Ge¬ walt Alles zernagenden Ultra-Centralisation ein Damm entgegengesetzt wird. Das erste und wichtigste nationale Einheitsmaterial ist nun das Ter¬ ritorium. Wir müssen unser Land als ein Heiligthum betrachten, dessen er¬ habene Pforten kein fremder Eindringling zum zweitenmale frevelnd verletzen darf, und sollten wir unsere letzten Blutstropfen, und unsere letzten Thaler daran setzen müssen, komme er von Osten oder Westen, sei er Slave oder Celte, komme er im Namen des göttlichen Rechtes, oder der Civilisation. Selbstständigkeit nach Außen, das ist das erste Erforderniß nationaler Selbstentwickelung, ohne sie ist letztere ein Unding. Durch das Land¬ wehrinstitut tritt sie und ihre Nothwendigkeit dem Volke vor Augen. Es selbst wird zum Wächter dieser Selbstständigkeit nach Außen. Frankreich äußerte ungerechte Gelüste nach der schönsten Perle unseres Landes. Man mußte ihm zeigen, daß die Zeit von 1789, die Zeit des regensburger Reichstags und des Siechthums vorüber ist. Man war es sich selbst schuldig. Den Vorwurf, man sei in der Aufreizung gegen Frankreich zu weit gegangen, der von mancher Seite der nationalen Parthei gemacht wurde, kann diese leicht abschütteln. Der Charakter des einzelnen Individuums, wie der einer ganzen Nation wird am kräftigsten durch die Reibung nach au¬ ßen gestärkt; die innere Vervollkommnung, die Fähigkeit, sich nach seinen inneren Beziehungen als Einheit zu erkennen, oder, um den Ausdruck der Schule zu gebrauchen, sich selbst zum Object zu werden, ist nur dann die Möglichkeit, wenn die Selbstentwickelung schon weiter gediehen ist. Dazu wollte und mußte die nationale Parthei die Bewegung gegen Frankreich benutzen. Der Geist der Einheit läßt die verschiedenen Theile der Nation sich als Brüder erkennen. Nimmt ein frevelnder Gewaltstreich dem Hanoveraner sein ihm gebührendes Recht, so wird der Allemanne, wie der Anwohner des Sundes, die Kränkung mitfühlen, denn dem Einen Vaterlande ist eine Wunde versetzt worden. Daher die unendliche Bedeutsamkeit des Arndt'schen Liedes: „Was ist des Deutschen Vaterland“, weil es mehr, als das „Sie sollen ihn nicht haben,“ und die französische Marseillaise, der Ausdruck eines ewig bleibenden, immer nur sich kräftigenden Nationalgefühles ist, und nicht etwa blos, wie jene, das einer momentanen Aufregung geliehene Wort.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Erster Jahrgang. Leipzig, 1841, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_179382_282158/124>, abgerufen am 24.11.2024.