Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Graßmann, Hermann: Die Wissenschaft der extensiven Grösse oder die Ausdehnungslehre, eine neue mathematische Disciplin. Bd. 1. Leipzig, 1844.

Bild:
<< vorherige Seite

§ 157 Entsprechende Prod. -- Direkte u. reciproke Affinität.
bald ein. Zwar würde das in jenem Paragraphen dargestellte Ver-
wandtschaftsgesetz ein vortreffliches Mittel darbieten, um in die Be-
deutung des formalen Produktes, welches wir bisher nicht der Be-
trachtung unterworfen hatten, hineinzudringen; doch wollen wir uns
durch solche Betrachtungen, welche uns jedenfalls in schwierige
und weitläuftige Untersuchungen verwickeln würden, nicht den Raum
für andere wichtigere Gegenstände verkürzen; und wir bleiben da-
her bei den beiden Fällen stehen, auf welche unser Gesetz direkte
Anwendung erleidet.

§ 157. Wir gelangen durch Anwendung des in § 155 darge-
stellten Gesetzes auf die beiden in § 156 aufgeführten Multiplika-
tionsweisen zu zwei Hauptgattungen der Affinität, nämlich der di-
rekten
und der reciproken, indem eines Theils den Grössen
erster Stufe des einen Vereins Grössen erster Stufe des andern
entsprechen; und andern Theils den Grössen erster Stufe des einen
Vereins Grössen (n--1)ter St. des andern entsprechen, wenn jeder
Verein ein System n-ter Stufe als Hauptsystem darbietet. Wir kön-
nen daher folgenden Hauptsatz der Affinität aussprechen:

"Wenn man zu n von einander unabhängigen Grössen erster
Stufe n gleichfalls von einander unabhängige Grössen erster Stufe
oder n Grössen (n--1)ter Stufe, welche einem System n-ter Stufe
angehören, deren eingewandtes Produkt aber einen geltenden
Werth hat, als entsprechende nimmt, so bilden die aus den ent-
sprechenden Grössen durch dieselben Grundverknüpfungen ge-
bildeten Grössen zwei einander affine Vereine von Grössen, und
jede Grundgleichung, welche zwischen den Grössen des einen
Vereins besteht, bleibt auch bestehen, wenn man statt dieser
Grössen die entsprechenden des andern setzt. Im ersten Falle
heissen beide Vereine direkt affin, im zweiten reciprok affin."

Dieser Satz ist von so allgemeiner Geltung, dass er, wie wir
späterhin zeigen werden, die allgemeinsten lineären Verwandtschaf-
ten, wie die Kollineation und Reciprocität unter sich begreift, und
den vollständigen Begriff dieser Verwandtschaften, welche bei der
gewöhnlichen Auffassungsweise nur in unvollkommener Gestalt her-
vortreten, darstellt. Namentlich liegt in diesem Satze, dass, wenn
m Grössen des einen Vereins irgend einem System angehören, dann
auch die entsprechenden Grössen des andern Vereins bei der direkten

16 *

§ 157 Entsprechende Prod. — Direkte u. reciproke Affinität.
bald ein. Zwar würde das in jenem Paragraphen dargestellte Ver-
wandtschaftsgesetz ein vortreffliches Mittel darbieten, um in die Be-
deutung des formalen Produktes, welches wir bisher nicht der Be-
trachtung unterworfen hatten, hineinzudringen; doch wollen wir uns
durch solche Betrachtungen, welche uns jedenfalls in schwierige
und weitläuftige Untersuchungen verwickeln würden, nicht den Raum
für andere wichtigere Gegenstände verkürzen; und wir bleiben da-
her bei den beiden Fällen stehen, auf welche unser Gesetz direkte
Anwendung erleidet.

§ 157. Wir gelangen durch Anwendung des in § 155 darge-
stellten Gesetzes auf die beiden in § 156 aufgeführten Multiplika-
tionsweisen zu zwei Hauptgattungen der Affinität, nämlich der di-
rekten
und der reciproken, indem eines Theils den Grössen
erster Stufe des einen Vereins Grössen erster Stufe des andern
entsprechen; und andern Theils den Grössen erster Stufe des einen
Vereins Grössen (n—1)ter St. des andern entsprechen, wenn jeder
Verein ein System n-ter Stufe als Hauptsystem darbietet. Wir kön-
nen daher folgenden Hauptsatz der Affinität aussprechen:

„Wenn man zu n von einander unabhängigen Grössen erster
Stufe n gleichfalls von einander unabhängige Grössen erster Stufe
oder n Grössen (n—1)ter Stufe, welche einem System n-ter Stufe
angehören, deren eingewandtes Produkt aber einen geltenden
Werth hat, als entsprechende nimmt, so bilden die aus den ent-
sprechenden Grössen durch dieselben Grundverknüpfungen ge-
bildeten Grössen zwei einander affine Vereine von Grössen, und
jede Grundgleichung, welche zwischen den Grössen des einen
Vereins besteht, bleibt auch bestehen, wenn man statt dieser
Grössen die entsprechenden des andern setzt. Im ersten Falle
heissen beide Vereine direkt affin, im zweiten reciprok affin.“

Dieser Satz ist von so allgemeiner Geltung, dass er, wie wir
späterhin zeigen werden, die allgemeinsten lineären Verwandtschaf-
ten, wie die Kollineation und Reciprocität unter sich begreift, und
den vollständigen Begriff dieser Verwandtschaften, welche bei der
gewöhnlichen Auffassungsweise nur in unvollkommener Gestalt her-
vortreten, darstellt. Namentlich liegt in diesem Satze, dass, wenn
m Grössen des einen Vereins irgend einem System angehören, dann
auch die entsprechenden Grössen des andern Vereins bei der direkten

16 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0279" n="243"/><fw place="top" type="header">§ 157 Entsprechende Prod. &#x2014; Direkte u. reciproke Affinität.</fw><lb/>
bald ein. Zwar würde das in jenem Paragraphen dargestellte Ver-<lb/>
wandtschaftsgesetz ein vortreffliches Mittel darbieten, um in die Be-<lb/>
deutung des formalen Produktes, welches wir bisher nicht der Be-<lb/>
trachtung unterworfen hatten, hineinzudringen; doch wollen wir uns<lb/>
durch solche Betrachtungen, welche uns jedenfalls in schwierige<lb/>
und weitläuftige Untersuchungen verwickeln würden, nicht den Raum<lb/>
für andere wichtigere Gegenstände verkürzen; und wir bleiben da-<lb/>
her bei den beiden Fällen stehen, auf welche unser Gesetz direkte<lb/>
Anwendung erleidet.</p><lb/>
          <p>§ 157. Wir gelangen durch Anwendung des in § 155 darge-<lb/>
stellten Gesetzes auf die beiden in § 156 aufgeführten Multiplika-<lb/>
tionsweisen zu zwei Hauptgattungen der Affinität, nämlich der <hi rendition="#g">di-<lb/>
rekten</hi> und der <hi rendition="#g">reciproken</hi>, indem eines Theils den Grössen<lb/>
erster Stufe des einen Vereins Grössen erster Stufe des andern<lb/>
entsprechen; und andern Theils den Grössen erster Stufe des einen<lb/>
Vereins Grössen (n&#x2014;1)ter St. des andern entsprechen, wenn jeder<lb/>
Verein ein System n-ter Stufe als Hauptsystem darbietet. Wir kön-<lb/>
nen daher folgenden Hauptsatz der Affinität aussprechen:</p><lb/>
          <cit>
            <quote> <hi rendition="#et">&#x201E;Wenn man zu n von einander unabhängigen Grössen erster<lb/>
Stufe n gleichfalls von einander unabhängige Grössen erster Stufe<lb/>
oder n Grössen (n&#x2014;1)ter Stufe, welche einem System n-ter Stufe<lb/>
angehören, deren eingewandtes Produkt aber einen geltenden<lb/>
Werth hat, als entsprechende nimmt, so bilden die aus den ent-<lb/>
sprechenden Grössen durch dieselben Grundverknüpfungen ge-<lb/>
bildeten Grössen zwei einander affine Vereine von Grössen, und<lb/>
jede Grundgleichung, welche zwischen den Grössen des einen<lb/>
Vereins besteht, bleibt auch bestehen, wenn man statt dieser<lb/>
Grössen die entsprechenden des andern setzt. Im ersten Falle<lb/>
heissen beide Vereine direkt affin, im zweiten reciprok affin.&#x201C;</hi> </quote>
          </cit><lb/>
          <p>Dieser Satz ist von so allgemeiner Geltung, dass er, wie wir<lb/>
späterhin zeigen werden, die allgemeinsten lineären Verwandtschaf-<lb/>
ten, wie die Kollineation und Reciprocität unter sich begreift, und<lb/>
den vollständigen Begriff dieser Verwandtschaften, welche bei der<lb/>
gewöhnlichen Auffassungsweise nur in unvollkommener Gestalt her-<lb/>
vortreten, darstellt. Namentlich liegt in diesem Satze, dass, wenn<lb/>
m Grössen des einen Vereins irgend einem System angehören, dann<lb/>
auch die entsprechenden Grössen des andern Vereins bei der direkten<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">16 *</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[243/0279] § 157 Entsprechende Prod. — Direkte u. reciproke Affinität. bald ein. Zwar würde das in jenem Paragraphen dargestellte Ver- wandtschaftsgesetz ein vortreffliches Mittel darbieten, um in die Be- deutung des formalen Produktes, welches wir bisher nicht der Be- trachtung unterworfen hatten, hineinzudringen; doch wollen wir uns durch solche Betrachtungen, welche uns jedenfalls in schwierige und weitläuftige Untersuchungen verwickeln würden, nicht den Raum für andere wichtigere Gegenstände verkürzen; und wir bleiben da- her bei den beiden Fällen stehen, auf welche unser Gesetz direkte Anwendung erleidet. § 157. Wir gelangen durch Anwendung des in § 155 darge- stellten Gesetzes auf die beiden in § 156 aufgeführten Multiplika- tionsweisen zu zwei Hauptgattungen der Affinität, nämlich der di- rekten und der reciproken, indem eines Theils den Grössen erster Stufe des einen Vereins Grössen erster Stufe des andern entsprechen; und andern Theils den Grössen erster Stufe des einen Vereins Grössen (n—1)ter St. des andern entsprechen, wenn jeder Verein ein System n-ter Stufe als Hauptsystem darbietet. Wir kön- nen daher folgenden Hauptsatz der Affinität aussprechen: „Wenn man zu n von einander unabhängigen Grössen erster Stufe n gleichfalls von einander unabhängige Grössen erster Stufe oder n Grössen (n—1)ter Stufe, welche einem System n-ter Stufe angehören, deren eingewandtes Produkt aber einen geltenden Werth hat, als entsprechende nimmt, so bilden die aus den ent- sprechenden Grössen durch dieselben Grundverknüpfungen ge- bildeten Grössen zwei einander affine Vereine von Grössen, und jede Grundgleichung, welche zwischen den Grössen des einen Vereins besteht, bleibt auch bestehen, wenn man statt dieser Grössen die entsprechenden des andern setzt. Im ersten Falle heissen beide Vereine direkt affin, im zweiten reciprok affin.“ Dieser Satz ist von so allgemeiner Geltung, dass er, wie wir späterhin zeigen werden, die allgemeinsten lineären Verwandtschaf- ten, wie die Kollineation und Reciprocität unter sich begreift, und den vollständigen Begriff dieser Verwandtschaften, welche bei der gewöhnlichen Auffassungsweise nur in unvollkommener Gestalt her- vortreten, darstellt. Namentlich liegt in diesem Satze, dass, wenn m Grössen des einen Vereins irgend einem System angehören, dann auch die entsprechenden Grössen des andern Vereins bei der direkten 16 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grassmann_ausdehnungslehre_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grassmann_ausdehnungslehre_1844/279
Zitationshilfe: Graßmann, Hermann: Die Wissenschaft der extensiven Grösse oder die Ausdehnungslehre, eine neue mathematische Disciplin. Bd. 1. Leipzig, 1844, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grassmann_ausdehnungslehre_1844/279>, abgerufen am 13.05.2024.