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Graßmann, Hermann: Die Wissenschaft der extensiven Grösse oder die Ausdehnungslehre, eine neue mathematische Disciplin. Bd. 1. Leipzig, 1844.

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§ 147 Kurven in der Ebene. -- Kegelschnitte.
stituiren; die 3 Punkte oder Geraden, welche somit durch lineale
Konstruktionen aus den gegebenen und der veränderlichen Grösse
erfolgen, werden als Produkte derselben erscheinen; und da jene 3
Punkte in einer g. L. liegen, oder jene 3 Linien durch einen Punkt
gehen sollen, so heisst das, ihr Produkt ist null, also hat man eine
geometrische Gleichung aus einem Gliede, in welchem p so oft
als Faktor erscheint, als es bei jenen Konstruktionen angewandt ist,
also ist die entstehende Kurve von eben so vielter Ordnung. Den
entsprechenden Satz für die durch eine veränderliche Gerade um-
hüllte Kurve erhält man aus dem obigen, wenn man die Ausdrücke
Punkt und Gerade verwechselt, und statt des Ausdrucks "Ordnung"
den Ausdruck "Klasse" einführt. Ich will hier noch bemerken,
dass diese Sätze ohne alle Einschränkung gelten, wenn man nur
festhält, dass der Ort eines Punktes, dessen Koordinaten durch eine
Gleichung m-ten Grades von einander abhängen, ohne Ausnahme
als Kurve m-ter Ordnung aufzufassen ist, mag diese Kurve nun eine
Gestalt annehmen, welche sie will, mag sie z. B. in ein System von
m geraden Linien übergehen, und mögen selbst beliebig viele die-
ser Geraden zusammenfallen.

§ 147. Um diesen Satz auf einen noch specielleren Fall zu
übertragen, will ich die geometrische Gleichung für die Kurven
zweiter Ordnung aufstellen. Ist p der veränderliche Punkt, so hat
man als Gleichung des zweiten Grades, wenn die kleinen Buch-
staben Punkte, die grossen Linien vorstellen,
[Formel 1] oder, in Worten ausgedrückt, "wenn die Seiten eines Dreiecks sich
um 3 feste Punkte a, c, e schwenken, während zwei Ecken sich in
zwei festen Geraden B und D bewegen, so beschreibt die dritte
Ecke einen Kegelschnitt. Die Gleichung eines Kegelschnittes, wel-
cher durch 5 Punkte a, b, c, d, e geht, ist
[Formel 2] dass sie nämlich ein Kegelschnitt sei, folgt aus dem allgemeinen
Satze; dass die 5 Punkte a, b, c, d, e in ihm liegen, ergiebt sich
leicht, indem jeder derselben statt p gesetzt der Gleichung genügt.
Nämlich zuerst ist klar, dass, wenn man p gleich a oder d setzt,
auch ein Faktor, nämlich pa oder pd null wird, also das ganze Pro-
dukt null wird, also sind a und d Punkte des Kegelschnittes; fer-

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§ 147 Kurven in der Ebene. — Kegelschnitte.
stituiren; die 3 Punkte oder Geraden, welche somit durch lineale
Konstruktionen aus den gegebenen und der veränderlichen Grösse
erfolgen, werden als Produkte derselben erscheinen; und da jene 3
Punkte in einer g. L. liegen, oder jene 3 Linien durch einen Punkt
gehen sollen, so heisst das, ihr Produkt ist null, also hat man eine
geometrische Gleichung aus einem Gliede, in welchem p so oft
als Faktor erscheint, als es bei jenen Konstruktionen angewandt ist,
also ist die entstehende Kurve von eben so vielter Ordnung. Den
entsprechenden Satz für die durch eine veränderliche Gerade um-
hüllte Kurve erhält man aus dem obigen, wenn man die Ausdrücke
Punkt und Gerade verwechselt, und statt des Ausdrucks „Ordnung“
den Ausdruck „Klasse“ einführt. Ich will hier noch bemerken,
dass diese Sätze ohne alle Einschränkung gelten, wenn man nur
festhält, dass der Ort eines Punktes, dessen Koordinaten durch eine
Gleichung m-ten Grades von einander abhängen, ohne Ausnahme
als Kurve m-ter Ordnung aufzufassen ist, mag diese Kurve nun eine
Gestalt annehmen, welche sie will, mag sie z. B. in ein System von
m geraden Linien übergehen, und mögen selbst beliebig viele die-
ser Geraden zusammenfallen.

§ 147. Um diesen Satz auf einen noch specielleren Fall zu
übertragen, will ich die geometrische Gleichung für die Kurven
zweiter Ordnung aufstellen. Ist p der veränderliche Punkt, so hat
man als Gleichung des zweiten Grades, wenn die kleinen Buch-
staben Punkte, die grossen Linien vorstellen,
[Formel 1] oder, in Worten ausgedrückt, „wenn die Seiten eines Dreiecks sich
um 3 feste Punkte a, c, e schwenken, während zwei Ecken sich in
zwei festen Geraden B und D bewegen, so beschreibt die dritte
Ecke einen Kegelschnitt. Die Gleichung eines Kegelschnittes, wel-
cher durch 5 Punkte a, b, c, d, e geht, ist
[Formel 2] dass sie nämlich ein Kegelschnitt sei, folgt aus dem allgemeinen
Satze; dass die 5 Punkte a, b, c, d, e in ihm liegen, ergiebt sich
leicht, indem jeder derselben statt p gesetzt der Gleichung genügt.
Nämlich zuerst ist klar, dass, wenn man p gleich a oder d setzt,
auch ein Faktor, nämlich pa oder pd null wird, also das ganze Pro-
dukt null wird, also sind a und d Punkte des Kegelschnittes; fer-

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[227/0263] § 147 Kurven in der Ebene. — Kegelschnitte. stituiren; die 3 Punkte oder Geraden, welche somit durch lineale Konstruktionen aus den gegebenen und der veränderlichen Grösse erfolgen, werden als Produkte derselben erscheinen; und da jene 3 Punkte in einer g. L. liegen, oder jene 3 Linien durch einen Punkt gehen sollen, so heisst das, ihr Produkt ist null, also hat man eine geometrische Gleichung aus einem Gliede, in welchem p so oft als Faktor erscheint, als es bei jenen Konstruktionen angewandt ist, also ist die entstehende Kurve von eben so vielter Ordnung. Den entsprechenden Satz für die durch eine veränderliche Gerade um- hüllte Kurve erhält man aus dem obigen, wenn man die Ausdrücke Punkt und Gerade verwechselt, und statt des Ausdrucks „Ordnung“ den Ausdruck „Klasse“ einführt. Ich will hier noch bemerken, dass diese Sätze ohne alle Einschränkung gelten, wenn man nur festhält, dass der Ort eines Punktes, dessen Koordinaten durch eine Gleichung m-ten Grades von einander abhängen, ohne Ausnahme als Kurve m-ter Ordnung aufzufassen ist, mag diese Kurve nun eine Gestalt annehmen, welche sie will, mag sie z. B. in ein System von m geraden Linien übergehen, und mögen selbst beliebig viele die- ser Geraden zusammenfallen. § 147. Um diesen Satz auf einen noch specielleren Fall zu übertragen, will ich die geometrische Gleichung für die Kurven zweiter Ordnung aufstellen. Ist p der veränderliche Punkt, so hat man als Gleichung des zweiten Grades, wenn die kleinen Buch- staben Punkte, die grossen Linien vorstellen, [FORMEL] oder, in Worten ausgedrückt, „wenn die Seiten eines Dreiecks sich um 3 feste Punkte a, c, e schwenken, während zwei Ecken sich in zwei festen Geraden B und D bewegen, so beschreibt die dritte Ecke einen Kegelschnitt. Die Gleichung eines Kegelschnittes, wel- cher durch 5 Punkte a, b, c, d, e geht, ist [FORMEL] dass sie nämlich ein Kegelschnitt sei, folgt aus dem allgemeinen Satze; dass die 5 Punkte a, b, c, d, e in ihm liegen, ergiebt sich leicht, indem jeder derselben statt p gesetzt der Gleichung genügt. Nämlich zuerst ist klar, dass, wenn man p gleich a oder d setzt, auch ein Faktor, nämlich pa oder pd null wird, also das ganze Pro- dukt null wird, also sind a und d Punkte des Kegelschnittes; fer- 15 *

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Zitationshilfe: Graßmann, Hermann: Die Wissenschaft der extensiven Grösse oder die Ausdehnungslehre, eine neue mathematische Disciplin. Bd. 1. Leipzig, 1844, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grassmann_ausdehnungslehre_1844/263>, abgerufen am 13.05.2024.