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Graßmann, Hermann: Die Wissenschaft der extensiven Grösse oder die Ausdehnungslehre, eine neue mathematische Disciplin. Bd. 1. Leipzig, 1844.

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§ 145 Allgemeiner Satz über algebr. Kurven u. Oberflächen.
sind, jedesmal zu Einer Gleichung vereinigt. Es ist klar, dass da-
bei die Zeiger der veränderlichen Grösse P in einem Gliede so oft
als Faktoren erscheinen, als P in dem Gliede, aus welchem das
erstere hervorging, als Faktor vorkam. Somit kann also der Grad
dieser Zeigergleichungen nie höher sein, als die oben bezeichnete
Anzahl (m) beträgt. Aber es muss auch wenigstens eine derselben
diesen Grad (m) wirklich erreichen; denn wäre dies nicht der Fall,
so müssten die sämmtlichen Glieder, welche aus demjenigen Gliede
hervorgehen, was jene Grösse in höchster Anzahl als Faktor ent-
hält, null werden; also auch jenes Glied selbst null sein, wider die
Voraussetzung. Es ist also die Geltung des oben aufgestellten
Satzes bewiesen. Hierbei haben wir noch zu bemerken, dass die
Gleichung im Allgemeinen nicht nur das System der veränderlichen
Grösse bestimmt, sondern auch ihren Masswerth. Bei der gewöhn-
lichen Betrachtung der Kurven und Oberflächen kommt es aber nur
auf die Bestimmung des Systems an *), obgleich auch der Masswerth
für die Theorie nicht ohne Interesse ist. Wollen wir also uns der
gewöhnlichen Betrachtungsweise annähern, so haben wir die allge-
meine Gleichung so zu specialisiren, dass dadurch der Masswerth
nicht mit bestimmt ist, d. h. dass, wenn irgend eine Ausdehnungs-
grösse der (ursprünglichen) Gleichung genügt, auch jede ihr gleich-
artige, d. h., deren Zeiger denen der ersteren proportional sind,
derselben genügen wird. Es ist sogleich einleuchtend, dass dann
in allen Gliedern der Gleichung die Grösse P in gleicher Anzahl
(m) als Faktor vorkommen muss, und dass dann auch die Zeiger-
gleichung eine symmetrische desselben Grades wird, d. h. in allen
Gliedern eben so viele (m) Zeiger von P als Faktoren vorkommen
werden. Dividirt man dann die Gleichung durch die m-te Potenz
von einem der Zeiger, so erhält man (unter der Voraussetzung, dass
jener Zeiger nicht null ist) die Gleichung in der gewöhnlichen Form,
in welcher sie ein Gebilde m-ten Grades bestimmt.

*) Z. B. wenn eine Kurve als geometrischer Ort eines Punktes bestimmt
werden soll, so kommt es nur auf die Lage dieses Punktes, nicht auf das ihm
anhaftende Gewicht an; oder soll die Kurve als Umhülle einer veränderlichen
geraden Linie aufgefasst werden, so kommt es eben nur auf die Lage jener Linie
an, nicht auf deren Länge, also überall auf das System, nicht auf den Mass-
werth.
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§ 145 Allgemeiner Satz über algebr. Kurven u. Oberflächen.
sind, jedesmal zu Einer Gleichung vereinigt. Es ist klar, dass da-
bei die Zeiger der veränderlichen Grösse P in einem Gliede so oft
als Faktoren erscheinen, als P in dem Gliede, aus welchem das
erstere hervorging, als Faktor vorkam. Somit kann also der Grad
dieser Zeigergleichungen nie höher sein, als die oben bezeichnete
Anzahl (m) beträgt. Aber es muss auch wenigstens eine derselben
diesen Grad (m) wirklich erreichen; denn wäre dies nicht der Fall,
so müssten die sämmtlichen Glieder, welche aus demjenigen Gliede
hervorgehen, was jene Grösse in höchster Anzahl als Faktor ent-
hält, null werden; also auch jenes Glied selbst null sein, wider die
Voraussetzung. Es ist also die Geltung des oben aufgestellten
Satzes bewiesen. Hierbei haben wir noch zu bemerken, dass die
Gleichung im Allgemeinen nicht nur das System der veränderlichen
Grösse bestimmt, sondern auch ihren Masswerth. Bei der gewöhn-
lichen Betrachtung der Kurven und Oberflächen kommt es aber nur
auf die Bestimmung des Systems an *), obgleich auch der Masswerth
für die Theorie nicht ohne Interesse ist. Wollen wir also uns der
gewöhnlichen Betrachtungsweise annähern, so haben wir die allge-
meine Gleichung so zu specialisiren, dass dadurch der Masswerth
nicht mit bestimmt ist, d. h. dass, wenn irgend eine Ausdehnungs-
grösse der (ursprünglichen) Gleichung genügt, auch jede ihr gleich-
artige, d. h., deren Zeiger denen der ersteren proportional sind,
derselben genügen wird. Es ist sogleich einleuchtend, dass dann
in allen Gliedern der Gleichung die Grösse P in gleicher Anzahl
(m) als Faktor vorkommen muss, und dass dann auch die Zeiger-
gleichung eine symmetrische desselben Grades wird, d. h. in allen
Gliedern eben so viele (m) Zeiger von P als Faktoren vorkommen
werden. Dividirt man dann die Gleichung durch die m-te Potenz
von einem der Zeiger, so erhält man (unter der Voraussetzung, dass
jener Zeiger nicht null ist) die Gleichung in der gewöhnlichen Form,
in welcher sie ein Gebilde m-ten Grades bestimmt.

*) Z. B. wenn eine Kurve als geometrischer Ort eines Punktes bestimmt
werden soll, so kommt es nur auf die Lage dieses Punktes, nicht auf das ihm
anhaftende Gewicht an; oder soll die Kurve als Umhülle einer veränderlichen
geraden Linie aufgefasst werden, so kommt es eben nur auf die Lage jener Linie
an, nicht auf deren Länge, also überall auf das System, nicht auf den Mass-
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[225/0261] § 145 Allgemeiner Satz über algebr. Kurven u. Oberflächen. sind, jedesmal zu Einer Gleichung vereinigt. Es ist klar, dass da- bei die Zeiger der veränderlichen Grösse P in einem Gliede so oft als Faktoren erscheinen, als P in dem Gliede, aus welchem das erstere hervorging, als Faktor vorkam. Somit kann also der Grad dieser Zeigergleichungen nie höher sein, als die oben bezeichnete Anzahl (m) beträgt. Aber es muss auch wenigstens eine derselben diesen Grad (m) wirklich erreichen; denn wäre dies nicht der Fall, so müssten die sämmtlichen Glieder, welche aus demjenigen Gliede hervorgehen, was jene Grösse in höchster Anzahl als Faktor ent- hält, null werden; also auch jenes Glied selbst null sein, wider die Voraussetzung. Es ist also die Geltung des oben aufgestellten Satzes bewiesen. Hierbei haben wir noch zu bemerken, dass die Gleichung im Allgemeinen nicht nur das System der veränderlichen Grösse bestimmt, sondern auch ihren Masswerth. Bei der gewöhn- lichen Betrachtung der Kurven und Oberflächen kommt es aber nur auf die Bestimmung des Systems an *), obgleich auch der Masswerth für die Theorie nicht ohne Interesse ist. Wollen wir also uns der gewöhnlichen Betrachtungsweise annähern, so haben wir die allge- meine Gleichung so zu specialisiren, dass dadurch der Masswerth nicht mit bestimmt ist, d. h. dass, wenn irgend eine Ausdehnungs- grösse der (ursprünglichen) Gleichung genügt, auch jede ihr gleich- artige, d. h., deren Zeiger denen der ersteren proportional sind, derselben genügen wird. Es ist sogleich einleuchtend, dass dann in allen Gliedern der Gleichung die Grösse P in gleicher Anzahl (m) als Faktor vorkommen muss, und dass dann auch die Zeiger- gleichung eine symmetrische desselben Grades wird, d. h. in allen Gliedern eben so viele (m) Zeiger von P als Faktoren vorkommen werden. Dividirt man dann die Gleichung durch die m-te Potenz von einem der Zeiger, so erhält man (unter der Voraussetzung, dass jener Zeiger nicht null ist) die Gleichung in der gewöhnlichen Form, in welcher sie ein Gebilde m-ten Grades bestimmt. *) Z. B. wenn eine Kurve als geometrischer Ort eines Punktes bestimmt werden soll, so kommt es nur auf die Lage dieses Punktes, nicht auf das ihm anhaftende Gewicht an; oder soll die Kurve als Umhülle einer veränderlichen geraden Linie aufgefasst werden, so kommt es eben nur auf die Lage jener Linie an, nicht auf deren Länge, also überall auf das System, nicht auf den Mass- werth. 15

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Zitationshilfe: Graßmann, Hermann: Die Wissenschaft der extensiven Grösse oder die Ausdehnungslehre, eine neue mathematische Disciplin. Bd. 1. Leipzig, 1844, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grassmann_ausdehnungslehre_1844/261>, abgerufen am 13.05.2024.