pgo_153.001 ablenkt, als auch einen größeren Raum für ihre selbstständige Entfaltung pgo_153.002 in Anspruch nimmt: so ist gerade hier dem Dichter die größte Sparsamkeit pgo_153.003 in Bezug auf ihre Anwendung anzurathen, indem eine Häufung so pgo_153.004 ausgeführter Vergleichungen das Epos schleppend machen und das pgo_153.005 Jnteresse des Lesers verwirren würde. Jn dieser künstlerischen Oekonomie pgo_153.006 ist Goethe im "Hermann und Dorothea" mit preiswürdigem Beispiele pgo_153.007 vorangegangen.
pgo_153.008 Jm Gegensatz hierzu finden sich Vergleichungen mehr lyrischer Art pgo_153.009 gehäuft bei den orientalischen und spanischen Dichtern bis zu verwirrender pgo_153.010 und blendender Pracht. Die reiche Phantasie erfreut sich an ihrem pgo_153.011 eigenen kaleidoskopischen Spiel und triumphirt, indem sie einen Stein pgo_153.012 nach dem andern an ihren blitzenden Schmuck reiht und dabei alle pgo_153.013 erdenklichen Kombinationen durchläuft. Hierzu kommt, daß die orientalische pgo_153.014 Weltanschauung, in gährender Natursymbolik befangen, das Subject pgo_153.015 durch eine Fülle von Prädikaten der Erkenntniß näher zu bringen pgo_153.016 sucht und eine Menge von Vergleichungen wie Kerzen vor dem einen pgo_153.017 Bilde ansteckt, die indeß mehr blenden als erleuchten. Man vergleiche pgo_153.018 nur den "Firdusi," das "Hohe Lied" und selbst die Dramen Calderon's. pgo_153.019 Wenngleich die hebräische Poesie im Ganzen in ihren Vergleichungen pgo_153.020 kürzer und schlagender ist, als das griechische und römische Epos: so finden pgo_153.021 sich doch auch in ihr Stellen, in denen das vergleichende Bild Nebenbestimmungen pgo_153.022 ausführt, die durchaus selbstständig sind und nicht dazu pgo_153.023 dienen, die Aehnlichkeit mit dem verglichenen Bilde zu vervollständigen. pgo_153.024 So wenn es im Hohen Liede heißt: "Dein Haus ist wie der Thurm pgo_153.025 David's mit Brustwehr gebaut, daran tausend Schilde hangen und pgo_153.026 allerlei Waffen der Starken. Deine zwo Brüste sind zwo junge Rehzwillinge, pgo_153.027 die unter Rosen weiden, bis der Tag kühle werde und die pgo_153.028 Schatten weichen."
pgo_153.029 Wenn die epische Vergleichung die Anschaulichkeit erhöht: so sucht pgo_153.030 die lyrische mehr auf die Stimmung zu wirken. Sie erreicht dies, indem pgo_153.031 das tertium comparationis bei ihr mehr innerlicher, als äußerlicher pgo_153.032 Art ist, mehr der Empfindung, als der Anschauung einleuchtend. Am pgo_153.033 vortrefflichsten sind Vergleichungen, in denen sich Beides vereinigt:
pgo_153.001 ablenkt, als auch einen größeren Raum für ihre selbstständige Entfaltung pgo_153.002 in Anspruch nimmt: so ist gerade hier dem Dichter die größte Sparsamkeit pgo_153.003 in Bezug auf ihre Anwendung anzurathen, indem eine Häufung so pgo_153.004 ausgeführter Vergleichungen das Epos schleppend machen und das pgo_153.005 Jnteresse des Lesers verwirren würde. Jn dieser künstlerischen Oekonomie pgo_153.006 ist Goethe im „Hermann und Dorothea“ mit preiswürdigem Beispiele pgo_153.007 vorangegangen.
pgo_153.008 Jm Gegensatz hierzu finden sich Vergleichungen mehr lyrischer Art pgo_153.009 gehäuft bei den orientalischen und spanischen Dichtern bis zu verwirrender pgo_153.010 und blendender Pracht. Die reiche Phantasie erfreut sich an ihrem pgo_153.011 eigenen kaleidoskopischen Spiel und triumphirt, indem sie einen Stein pgo_153.012 nach dem andern an ihren blitzenden Schmuck reiht und dabei alle pgo_153.013 erdenklichen Kombinationen durchläuft. Hierzu kommt, daß die orientalische pgo_153.014 Weltanschauung, in gährender Natursymbolik befangen, das Subject pgo_153.015 durch eine Fülle von Prädikaten der Erkenntniß näher zu bringen pgo_153.016 sucht und eine Menge von Vergleichungen wie Kerzen vor dem einen pgo_153.017 Bilde ansteckt, die indeß mehr blenden als erleuchten. Man vergleiche pgo_153.018 nur den „Firdusi,“ das „Hohe Lied“ und selbst die Dramen Calderon's. pgo_153.019 Wenngleich die hebräische Poesie im Ganzen in ihren Vergleichungen pgo_153.020 kürzer und schlagender ist, als das griechische und römische Epos: so finden pgo_153.021 sich doch auch in ihr Stellen, in denen das vergleichende Bild Nebenbestimmungen pgo_153.022 ausführt, die durchaus selbstständig sind und nicht dazu pgo_153.023 dienen, die Aehnlichkeit mit dem verglichenen Bilde zu vervollständigen. pgo_153.024 So wenn es im Hohen Liede heißt: „Dein Haus ist wie der Thurm pgo_153.025 David's mit Brustwehr gebaut, daran tausend Schilde hangen und pgo_153.026 allerlei Waffen der Starken. Deine zwo Brüste sind zwo junge Rehzwillinge, pgo_153.027 die unter Rosen weiden, bis der Tag kühle werde und die pgo_153.028 Schatten weichen.“
pgo_153.029 Wenn die epische Vergleichung die Anschaulichkeit erhöht: so sucht pgo_153.030 die lyrische mehr auf die Stimmung zu wirken. Sie erreicht dies, indem pgo_153.031 das tertium comparationis bei ihr mehr innerlicher, als äußerlicher pgo_153.032 Art ist, mehr der Empfindung, als der Anschauung einleuchtend. Am pgo_153.033 vortrefflichsten sind Vergleichungen, in denen sich Beides vereinigt:
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ausgeführter Vergleichungen das Epos schleppend machen und das pgo_153.005
Jnteresse des Lesers verwirren würde. Jn dieser künstlerischen Oekonomie pgo_153.006
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Wenn die epische Vergleichung die Anschaulichkeit erhöht: so sucht pgo_153.030
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Gottschall, Rudolph: Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik [v]om Standpunkte der Neuzeit. Breslau, 1858, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschall_poetik_1858/175>, abgerufen am 22.11.2024.
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