Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gottschalck, Friedrich: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Halle, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

u. s. w., dieß alles sind Fragen, welche von Wißbegierigen leicht aufgeworfen werden können, und deren Beantwortung schon an andern Orten und namentlich in den "Volkssagen von Nachtigall in Halberstadt" ausführlich und geistreich versucht worden ist. Auf jeden Fall aber bleibt es ausgemacht, und erhellet auch zur Genüge aus dem oben Gesagten, daß die ganze Geschichte eines Volks, seine Abstammung, Wanderungen und Schicksale, ferner die verschiedenen Zustände von Rohheit und steigender Ausbildung, seine Verfassung, Sitten, Religion, Regierungsart, das Klima und die Beschaffenheit seiner Wohnsitze, seine Armuth oder Wohlhabenheit, und endlich seine Bedürfnisse, Ansprüche und Wünsche auch auf die Sagen desselben den mannigfaltigsten und bestimmtesten Einfluß werden äußern müssen, und daß daher ein scharfsichtiger Beobachter und aufmerksamer Prüfer auch umgekehrt aus Inhalt, Art, Ton, und Farbe der einzelnen Sagen treffende Rückschlüsse auf Zeit, Ort, und Veranlassung ihrer Entstehung wird machen können. Es ist begreiflich, daß die Mythen roherer Völker auch ein wilderes, kriegerisches, aber mehr wunderbares und religiöses Gepräge zeigen werden, daß

u. s. w., dieß alles sind Fragen, welche von Wißbegierigen leicht aufgeworfen werden können, und deren Beantwortung schon an andern Orten und namentlich in den „Volkssagen von Nachtigall in Halberstadt“ ausführlich und geistreich versucht worden ist. Auf jeden Fall aber bleibt es ausgemacht, und erhellet auch zur Genüge aus dem oben Gesagten, daß die ganze Geschichte eines Volks, seine Abstammung, Wanderungen und Schicksale, ferner die verschiedenen Zustände von Rohheit und steigender Ausbildung, seine Verfassung, Sitten, Religion, Regierungsart, das Klima und die Beschaffenheit seiner Wohnsitze, seine Armuth oder Wohlhabenheit, und endlich seine Bedürfnisse, Ansprüche und Wünsche auch auf die Sagen desselben den mannigfaltigsten und bestimmtesten Einfluß werden äußern müssen, und daß daher ein scharfsichtiger Beobachter und aufmerksamer Prüfer auch umgekehrt aus Inhalt, Art, Ton, und Farbe der einzelnen Sagen treffende Rückschlüsse auf Zeit, Ort, und Veranlassung ihrer Entstehung wird machen können. Es ist begreiflich, daß die Mythen roherer Völker auch ein wilderes, kriegerisches, aber mehr wunderbares und religiöses Gepräge zeigen werden, daß

<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0026" n="XXIII"/>
u. s. w., dieß alles sind Fragen, welche von Wißbegierigen leicht aufgeworfen werden können, und deren Beantwortung schon an andern Orten und namentlich in den &#x201E;Volkssagen von Nachtigall in Halberstadt&#x201C; ausführlich und geistreich versucht worden ist. Auf jeden Fall aber bleibt es ausgemacht, und erhellet auch zur Genüge aus dem oben Gesagten, daß die ganze Geschichte eines Volks, seine Abstammung, Wanderungen und Schicksale, ferner die verschiedenen Zustände von Rohheit und steigender Ausbildung, seine Verfassung, Sitten, Religion, Regierungsart, das Klima und die Beschaffenheit seiner Wohnsitze, seine Armuth oder Wohlhabenheit, und endlich seine Bedürfnisse, Ansprüche und Wünsche auch auf die Sagen desselben den mannigfaltigsten und bestimmtesten Einfluß werden äußern müssen, und daß daher ein scharfsichtiger Beobachter und aufmerksamer Prüfer auch umgekehrt aus Inhalt, Art, Ton, und Farbe der einzelnen Sagen treffende Rückschlüsse auf Zeit, Ort, und Veranlassung ihrer Entstehung wird machen können. Es ist begreiflich, daß die Mythen roherer Völker auch ein wilderes, kriegerisches, aber mehr wunderbares und religiöses Gepräge zeigen werden, daß
</p>
        </div>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[XXIII/0026] u. s. w., dieß alles sind Fragen, welche von Wißbegierigen leicht aufgeworfen werden können, und deren Beantwortung schon an andern Orten und namentlich in den „Volkssagen von Nachtigall in Halberstadt“ ausführlich und geistreich versucht worden ist. Auf jeden Fall aber bleibt es ausgemacht, und erhellet auch zur Genüge aus dem oben Gesagten, daß die ganze Geschichte eines Volks, seine Abstammung, Wanderungen und Schicksale, ferner die verschiedenen Zustände von Rohheit und steigender Ausbildung, seine Verfassung, Sitten, Religion, Regierungsart, das Klima und die Beschaffenheit seiner Wohnsitze, seine Armuth oder Wohlhabenheit, und endlich seine Bedürfnisse, Ansprüche und Wünsche auch auf die Sagen desselben den mannigfaltigsten und bestimmtesten Einfluß werden äußern müssen, und daß daher ein scharfsichtiger Beobachter und aufmerksamer Prüfer auch umgekehrt aus Inhalt, Art, Ton, und Farbe der einzelnen Sagen treffende Rückschlüsse auf Zeit, Ort, und Veranlassung ihrer Entstehung wird machen können. Es ist begreiflich, daß die Mythen roherer Völker auch ein wilderes, kriegerisches, aber mehr wunderbares und religiöses Gepräge zeigen werden, daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Überschriebene „e“ über den Vokalen „a“, „o“ und „u“ werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gottschalck_sagen_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gottschalck_sagen_1814/26
Zitationshilfe: Gottschalck, Friedrich: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Halle, 1814, S. XXIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschalck_sagen_1814/26>, abgerufen am 22.11.2024.