Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gottschalck, Friedrich: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Halle, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite

Kloster. Erst sprühten Feuerflammen aus der Tiefe herauf, dann füllte sich die weite Oeffnung mit Wasser, und am andern Morgen sah man erstaunt da einen See, wo Tags zuvor noch die schönen Glockenthürme mit ihren goldenen Kreuzen im Sonnenschein gefunkelt hatten.

Schon längst hatte jene gutmüthige Laienschwester in traulichen Verhältnissen mit einem der edelsten Ritter des Gaues gelebt. Sie liebte ihn, und wollte daher auch nicht im Kloster bleiben, und er kam sehr oft bei nächtlicher Weile zum einsamen Kloster. Wenn dann alles rings umher schlief, sprach er durchs Gitter der Zelle mit seinem Liebchen, und oft ging er erst mit Tagesanbruch wieder heim.

Auch in dieser stürmischen Nacht kam er. Aber, wie bebten seine Glieder, wie zitterte er vor Schmerz und Kummer, als er sein geliebtes Kloster nicht mehr sah, und nur Wasser

Kloster. Erst sprühten Feuerflammen aus der Tiefe herauf, dann füllte sich die weite Oeffnung mit Wasser, und am andern Morgen sah man erstaunt da einen See, wo Tags zuvor noch die schönen Glockenthürme mit ihren goldenen Kreuzen im Sonnenschein gefunkelt hatten.

Schon längst hatte jene gutmüthige Laienschwester in traulichen Verhältnissen mit einem der edelsten Ritter des Gaues gelebt. Sie liebte ihn, und wollte daher auch nicht im Kloster bleiben, und er kam sehr oft bei nächtlicher Weile zum einsamen Kloster. Wenn dann alles rings umher schlief, sprach er durchs Gitter der Zelle mit seinem Liebchen, und oft ging er erst mit Tagesanbruch wieder heim.

Auch in dieser stürmischen Nacht kam er. Aber, wie bebten seine Glieder, wie zitterte er vor Schmerz und Kummer, als er sein geliebtes Kloster nicht mehr sah, und nur Wasser

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0163" n="124"/>
Kloster. Erst sprühten Feuerflammen aus der Tiefe herauf, dann füllte sich die weite Oeffnung mit Wasser, und am andern Morgen sah man erstaunt da einen See, wo Tags zuvor noch die schönen Glockenthürme mit ihren goldenen Kreuzen im Sonnenschein gefunkelt hatten.</p>
        <p>Schon längst hatte jene gutmüthige Laienschwester in traulichen Verhältnissen mit einem der edelsten Ritter des Gaues gelebt. Sie liebte ihn, und wollte daher auch nicht im Kloster bleiben, und er kam sehr oft bei nächtlicher Weile zum einsamen Kloster. Wenn dann alles rings umher schlief, sprach er durchs Gitter der Zelle mit seinem Liebchen, und oft ging er erst mit Tagesanbruch wieder heim.</p>
        <p>Auch in dieser stürmischen Nacht kam er. Aber, wie bebten seine Glieder, wie zitterte er vor Schmerz und Kummer, als er sein geliebtes Kloster nicht mehr sah, und nur Wasser
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[124/0163] Kloster. Erst sprühten Feuerflammen aus der Tiefe herauf, dann füllte sich die weite Oeffnung mit Wasser, und am andern Morgen sah man erstaunt da einen See, wo Tags zuvor noch die schönen Glockenthürme mit ihren goldenen Kreuzen im Sonnenschein gefunkelt hatten. Schon längst hatte jene gutmüthige Laienschwester in traulichen Verhältnissen mit einem der edelsten Ritter des Gaues gelebt. Sie liebte ihn, und wollte daher auch nicht im Kloster bleiben, und er kam sehr oft bei nächtlicher Weile zum einsamen Kloster. Wenn dann alles rings umher schlief, sprach er durchs Gitter der Zelle mit seinem Liebchen, und oft ging er erst mit Tagesanbruch wieder heim. Auch in dieser stürmischen Nacht kam er. Aber, wie bebten seine Glieder, wie zitterte er vor Schmerz und Kummer, als er sein geliebtes Kloster nicht mehr sah, und nur Wasser

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-26T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-26T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-26T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Überschriebene „e“ über den Vokalen „a“, „o“ und „u“ werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gottschalck_sagen_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gottschalck_sagen_1814/163
Zitationshilfe: Gottschalck, Friedrich: Die Sagen und Volksmährchen der Deutschen. Halle, 1814, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gottschalck_sagen_1814/163>, abgerufen am 25.11.2024.