Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Aufruhrs an, wenn der Kaiser in Italien war; eilte derselbe nach Deutschland, so stand alsbald Italien in Flammen. Nach dem Höchsten strebte Friedrich, und erreichte Weniges, kaum einen ruhigen Tod, kaum ein geweihtes Grab. Nach seinem Tode ging es wild und frei zu in Deutschland, d. h. es ging drunter und drüber, überall Streit und Fehde, Keiner mächtig genug, die losgelassenen Kräfte zu binden und Frieden zu machen. Wem das Schicksal wollte, wer das Fischen im Trüben verstand, dem konnte leicht ein prächtiger Fang gelingen. Im Westen dagegen war mehr Zucht und Ordnung, war ein geregeltes Leben. Die Städte übten ihre Macht, Ordnung war das Element ihres Gedeihens. In Bern's Bärenklauen zu kommen, war nicht gerathen. Freiburg sorgte ebenfalls für Sicherheit nach seinen Kräften, und des Landes große Grafen mußten einigermaßen auf Ordnung halten um der Städte willen. Nach langem Bedenken calculirte daher Jürg, der Weg nach Osten, dem freien Deutschland zu, möchte am sichersten und schnellsten zu Geld und Ehren führen; das Land hinunter sollte Kurt also reiten, sobald vorüber war die Fastenzeit sammt dem Osterfeste. Nicht daß sie sich um die Fasten kümmerten, sie aßen das ganze Jahr durch, was sie hatten, und zwar ohne Dispens, ebensowenig um Ostern. Sie bedurften keinen Erlöser, da sie keine andere Sünde kannten, als einen Fang sich entgehen zu lassen, den sie hätten machen sollen; da sie geschickte Leute waren, Aufruhrs an, wenn der Kaiser in Italien war; eilte derselbe nach Deutschland, so stand alsbald Italien in Flammen. Nach dem Höchsten strebte Friedrich, und erreichte Weniges, kaum einen ruhigen Tod, kaum ein geweihtes Grab. Nach seinem Tode ging es wild und frei zu in Deutschland, d. h. es ging drunter und drüber, überall Streit und Fehde, Keiner mächtig genug, die losgelassenen Kräfte zu binden und Frieden zu machen. Wem das Schicksal wollte, wer das Fischen im Trüben verstand, dem konnte leicht ein prächtiger Fang gelingen. Im Westen dagegen war mehr Zucht und Ordnung, war ein geregeltes Leben. Die Städte übten ihre Macht, Ordnung war das Element ihres Gedeihens. In Bern's Bärenklauen zu kommen, war nicht gerathen. Freiburg sorgte ebenfalls für Sicherheit nach seinen Kräften, und des Landes große Grafen mußten einigermaßen auf Ordnung halten um der Städte willen. Nach langem Bedenken calculirte daher Jürg, der Weg nach Osten, dem freien Deutschland zu, möchte am sichersten und schnellsten zu Geld und Ehren führen; das Land hinunter sollte Kurt also reiten, sobald vorüber war die Fastenzeit sammt dem Osterfeste. Nicht daß sie sich um die Fasten kümmerten, sie aßen das ganze Jahr durch, was sie hatten, und zwar ohne Dispens, ebensowenig um Ostern. Sie bedurften keinen Erlöser, da sie keine andere Sünde kannten, als einen Fang sich entgehen zu lassen, den sie hätten machen sollen; da sie geschickte Leute waren, <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="0"> <p><pb facs="#f0034"/> Aufruhrs an, wenn der Kaiser in Italien war; eilte derselbe nach Deutschland, so stand alsbald Italien in Flammen. Nach dem Höchsten strebte Friedrich, und erreichte Weniges, kaum einen ruhigen Tod, kaum ein geweihtes Grab. Nach seinem Tode ging es wild und frei zu in Deutschland, d. h. es ging drunter und drüber, überall Streit und Fehde, Keiner mächtig genug, die losgelassenen Kräfte zu binden und Frieden zu machen. Wem das Schicksal wollte, wer das Fischen im Trüben verstand, dem konnte leicht ein prächtiger Fang gelingen. Im Westen dagegen war mehr Zucht und Ordnung, war ein geregeltes Leben. Die Städte übten ihre Macht, Ordnung war das Element ihres Gedeihens. In Bern's Bärenklauen zu kommen, war nicht gerathen. Freiburg sorgte ebenfalls für Sicherheit nach seinen Kräften, und des Landes große Grafen mußten einigermaßen auf Ordnung halten um der Städte willen. Nach langem Bedenken calculirte daher Jürg, der Weg nach Osten, dem freien Deutschland zu, möchte am sichersten und schnellsten zu Geld und Ehren führen; das Land hinunter sollte Kurt also reiten, sobald vorüber war die Fastenzeit sammt dem Osterfeste. Nicht daß sie sich um die Fasten kümmerten, sie aßen das ganze Jahr durch, was sie hatten, und zwar ohne Dispens, ebensowenig um Ostern. Sie bedurften keinen Erlöser, da sie keine andere Sünde kannten, als einen Fang sich entgehen zu lassen, den sie hätten machen sollen; da sie geschickte Leute waren,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0034]
Aufruhrs an, wenn der Kaiser in Italien war; eilte derselbe nach Deutschland, so stand alsbald Italien in Flammen. Nach dem Höchsten strebte Friedrich, und erreichte Weniges, kaum einen ruhigen Tod, kaum ein geweihtes Grab. Nach seinem Tode ging es wild und frei zu in Deutschland, d. h. es ging drunter und drüber, überall Streit und Fehde, Keiner mächtig genug, die losgelassenen Kräfte zu binden und Frieden zu machen. Wem das Schicksal wollte, wer das Fischen im Trüben verstand, dem konnte leicht ein prächtiger Fang gelingen. Im Westen dagegen war mehr Zucht und Ordnung, war ein geregeltes Leben. Die Städte übten ihre Macht, Ordnung war das Element ihres Gedeihens. In Bern's Bärenklauen zu kommen, war nicht gerathen. Freiburg sorgte ebenfalls für Sicherheit nach seinen Kräften, und des Landes große Grafen mußten einigermaßen auf Ordnung halten um der Städte willen. Nach langem Bedenken calculirte daher Jürg, der Weg nach Osten, dem freien Deutschland zu, möchte am sichersten und schnellsten zu Geld und Ehren führen; das Land hinunter sollte Kurt also reiten, sobald vorüber war die Fastenzeit sammt dem Osterfeste. Nicht daß sie sich um die Fasten kümmerten, sie aßen das ganze Jahr durch, was sie hatten, und zwar ohne Dispens, ebensowenig um Ostern. Sie bedurften keinen Erlöser, da sie keine andere Sünde kannten, als einen Fang sich entgehen zu lassen, den sie hätten machen sollen; da sie geschickte Leute waren,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-15T09:57:28Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-15T09:57:28Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |