Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Kurt von Koppigen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 12. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–194. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.nicht mehr hörten. Sie konnten also keinen Hafen ins Auge fassen, in welchem Kurt zu landen hätte, sie hatten bloß die Wahl zwischen den vier Weltgegenden; die sind weit; aber eben das war's, was sie in Verlegenheit setzte. Damals war es eine schöne Zeit für junge und alte Freibolde oder Freischärler, wie man sie jetzt nennen würde, für Leute, welche im Recht des Stärkeren ihr Heil suchten und ein Leben auf Kosten Anderer. Einst war kein König in Israel, Jeder that, was ihm wohlgefiel, so steht's geschrieben; ungefähr so war es damals in Deutschland. Kein Kaiser war da, welcher Ordnung hielt; Jeder lebte, so lange es ging, auf eigene Faust. Kaiser Friedrich war ein hochgesinnter Mann und gewaltiger Held gewesen, aber über seiner Zeit und seinen Kräften lag, was er wollte. Den Papst wollte er unter dem Kaiser, die Kirche unter dem Reiche haben, wollte über alle Fürstenkronen die kaiserliche setzen und in des Kaisers Hand die Kräfte sämmtlicher Fürsten Deutschlands vereinigen. Mit Kühnheit und Kraft rang er nach diesem Ziele. Aber wie ein edles Pferd durch Wespen und Hornissen zu Tode gehetzt werden kann, so kann der größte Held kleineren Feinden erliegen, wenn sie ihn unablässig hetzen, nimmer zur Ruhe kommen lassen. Für solche Feinde sorgten die Päpste, wandelten sogar in solche des Kaisers Söhne um, brannten in Deutschland das Feuer des nicht mehr hörten. Sie konnten also keinen Hafen ins Auge fassen, in welchem Kurt zu landen hätte, sie hatten bloß die Wahl zwischen den vier Weltgegenden; die sind weit; aber eben das war's, was sie in Verlegenheit setzte. Damals war es eine schöne Zeit für junge und alte Freibolde oder Freischärler, wie man sie jetzt nennen würde, für Leute, welche im Recht des Stärkeren ihr Heil suchten und ein Leben auf Kosten Anderer. Einst war kein König in Israel, Jeder that, was ihm wohlgefiel, so steht's geschrieben; ungefähr so war es damals in Deutschland. Kein Kaiser war da, welcher Ordnung hielt; Jeder lebte, so lange es ging, auf eigene Faust. Kaiser Friedrich war ein hochgesinnter Mann und gewaltiger Held gewesen, aber über seiner Zeit und seinen Kräften lag, was er wollte. Den Papst wollte er unter dem Kaiser, die Kirche unter dem Reiche haben, wollte über alle Fürstenkronen die kaiserliche setzen und in des Kaisers Hand die Kräfte sämmtlicher Fürsten Deutschlands vereinigen. Mit Kühnheit und Kraft rang er nach diesem Ziele. Aber wie ein edles Pferd durch Wespen und Hornissen zu Tode gehetzt werden kann, so kann der größte Held kleineren Feinden erliegen, wenn sie ihn unablässig hetzen, nimmer zur Ruhe kommen lassen. Für solche Feinde sorgten die Päpste, wandelten sogar in solche des Kaisers Söhne um, brannten in Deutschland das Feuer des <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="0"> <p><pb facs="#f0033"/> nicht mehr hörten. Sie konnten also keinen Hafen ins Auge fassen, in welchem Kurt zu landen hätte, sie hatten bloß die Wahl zwischen den vier Weltgegenden; die sind weit; aber eben das war's, was sie in Verlegenheit setzte. Damals war es eine schöne Zeit für junge und alte Freibolde oder Freischärler, wie man sie jetzt nennen würde, für Leute, welche im Recht des Stärkeren ihr Heil suchten und ein Leben auf Kosten Anderer.</p><lb/> <p>Einst war kein König in Israel, Jeder that, was ihm wohlgefiel, so steht's geschrieben; ungefähr so war es damals in Deutschland. Kein Kaiser war da, welcher Ordnung hielt; Jeder lebte, so lange es ging, auf eigene Faust.</p><lb/> <p>Kaiser Friedrich war ein hochgesinnter Mann und gewaltiger Held gewesen, aber über seiner Zeit und seinen Kräften lag, was er wollte. Den Papst wollte er unter dem Kaiser, die Kirche unter dem Reiche haben, wollte über alle Fürstenkronen die kaiserliche setzen und in des Kaisers Hand die Kräfte sämmtlicher Fürsten Deutschlands vereinigen. Mit Kühnheit und Kraft rang er nach diesem Ziele. Aber wie ein edles Pferd durch Wespen und Hornissen zu Tode gehetzt werden kann, so kann der größte Held kleineren Feinden erliegen, wenn sie ihn unablässig hetzen, nimmer zur Ruhe kommen lassen. Für solche Feinde sorgten die Päpste, wandelten sogar in solche des Kaisers Söhne um, brannten in Deutschland das Feuer des<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0033]
nicht mehr hörten. Sie konnten also keinen Hafen ins Auge fassen, in welchem Kurt zu landen hätte, sie hatten bloß die Wahl zwischen den vier Weltgegenden; die sind weit; aber eben das war's, was sie in Verlegenheit setzte. Damals war es eine schöne Zeit für junge und alte Freibolde oder Freischärler, wie man sie jetzt nennen würde, für Leute, welche im Recht des Stärkeren ihr Heil suchten und ein Leben auf Kosten Anderer.
Einst war kein König in Israel, Jeder that, was ihm wohlgefiel, so steht's geschrieben; ungefähr so war es damals in Deutschland. Kein Kaiser war da, welcher Ordnung hielt; Jeder lebte, so lange es ging, auf eigene Faust.
Kaiser Friedrich war ein hochgesinnter Mann und gewaltiger Held gewesen, aber über seiner Zeit und seinen Kräften lag, was er wollte. Den Papst wollte er unter dem Kaiser, die Kirche unter dem Reiche haben, wollte über alle Fürstenkronen die kaiserliche setzen und in des Kaisers Hand die Kräfte sämmtlicher Fürsten Deutschlands vereinigen. Mit Kühnheit und Kraft rang er nach diesem Ziele. Aber wie ein edles Pferd durch Wespen und Hornissen zu Tode gehetzt werden kann, so kann der größte Held kleineren Feinden erliegen, wenn sie ihn unablässig hetzen, nimmer zur Ruhe kommen lassen. Für solche Feinde sorgten die Päpste, wandelten sogar in solche des Kaisers Söhne um, brannten in Deutschland das Feuer des
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-15T09:57:28Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-15T09:57:28Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |