Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789.Die Erbschleicher. Weinhold (vor sich.) Ich muß noch einmal anrücken. Gerhard (vor sich.) Er besinnt sich, wie ers vorbringen soll. Weinhold (laut.) Ich hab einen Umweg von zehn Meilen gemacht, um den Herrn Vetter zu besuchen. Gerhard (kurz.) Gehorsamer Diener! Das war der Mühe nicht werth. Weinhold. Man reist wohl noch weiter um ein Kameel zu sehen. Gerhard. Mir können die Affen und Bären in die Stube kommen; ich sehe mich nicht um. (Wendet ihm den Rücken zu.) Weinhold (legt ihm die Hand auf die Schulter, mit schwärmerischer Herzlichkeit.) Und doch fühl' ich einen unnennbaren Hang zu Ihnen! Und doch komm ich an Ihrem hundertsten Geburtstag wieder! (Wendet sich schnell und geht.) Gerhard (vor sich.) Ein besonderer Geselle! (Ihm nachrufend.) Wart Er doch! Weinhold (an der Thür.) An Ihrem hundert- sten Geburtstag ein mehreres! Gerhard (geht ihm nach, faßt ihn beym Knopfe.) Ernsthaft! Ernsthaft! Wer ist Er eigentlich seines Handwerks? Weinhold
Die Erbſchleicher. Weinhold (vor ſich.) Ich muß noch einmal anruͤcken. Gerhard (vor ſich.) Er beſinnt ſich, wie ers vorbringen ſoll. Weinhold (laut.) Ich hab einen Umweg von zehn Meilen gemacht, um den Herrn Vetter zu beſuchen. Gerhard (kurz.) Gehorſamer Diener! Das war der Muͤhe nicht werth. Weinhold. Man reiſt wohl noch weiter um ein Kameel zu ſehen. Gerhard. Mir koͤnnen die Affen und Baͤren in die Stube kommen; ich ſehe mich nicht um. (Wendet ihm den Rücken zu.) Weinhold (legt ihm die Hand auf die Schulter, mit ſchwärmeriſcher Herzlichkeit.) Und doch fuͤhl’ ich einen unnennbaren Hang zu Ihnen! Und doch komm ich an Ihrem hundertſten Geburtstag wieder! (Wendet ſich ſchnell und geht.) Gerhard (vor ſich.) Ein beſonderer Geſelle! (Ihm nachrufend.) Wart Er doch! Weinhold (an der Thür.) An Ihrem hundert- ſten Geburtstag ein mehreres! Gerhard (geht ihm nach, faßt ihn beym Knopfe.) Ernſthaft! Ernſthaft! Wer iſt Er eigentlich ſeines Handwerks? Weinhold
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Die Erbſchleicher.
Weinhold (vor ſich.) Ich muß noch einmal
anruͤcken.
Gerhard (vor ſich.) Er beſinnt ſich, wie ers
vorbringen ſoll.
Weinhold (laut.) Ich hab einen Umweg von
zehn Meilen gemacht, um den Herrn Vetter zu
beſuchen.
Gerhard (kurz.) Gehorſamer Diener! Das
war der Muͤhe nicht werth.
Weinhold. Man reiſt wohl noch weiter um
ein Kameel zu ſehen.
Gerhard. Mir koͤnnen die Affen und Baͤren
in die Stube kommen; ich ſehe mich nicht um.
(Wendet ihm den Rücken zu.)
Weinhold (legt ihm die Hand auf die Schulter,
mit ſchwärmeriſcher Herzlichkeit.) Und doch fuͤhl’ ich
einen unnennbaren Hang zu Ihnen! Und doch
komm ich an Ihrem hundertſten Geburtstag
wieder! (Wendet ſich ſchnell und geht.)
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(Ihm nachrufend.) Wart Er doch!
Weinhold (an der Thür.) An Ihrem hundert-
ſten Geburtstag ein mehreres!
Gerhard (geht ihm nach, faßt ihn beym Knopfe.)
Ernſthaft! Ernſthaft! Wer iſt Er eigentlich ſeines
Handwerks?
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