auch kein Sperling vom Dache. Das ist eben seine Vorsehung und Kegierung.
Gottlieb. Aber mit den Raben?
Vater. Weil Gott Minchen erhalten woll- te, so waren dazu schon alle Umstände vorher gefüget, wie sie der liebe Gott vorhergesehen hatte, daß es just zu der Zeit geschahe, da eben Raben am Ufer saßen. Diese wurden durch das Hineinfallen des Kindes ins Was- ser erschreckt, flogen auf, sahen das Kind fortschwimmen -- dachten, es wäre ein Stück Fleisch für sie -- schwärmten über dem Kinde herum, und schrien, bis es die Leute hörten. Die Raben selbst aber thaten das gar nicht in der Absicht, daß die Leute das schwimmende Kind sehen und retten sollten, sondern sie tha- ten das bloß nach ihren natürlichen Trieben.
Aber nach den Absichten Gottes wur- de dieser Umstand ein Mittel seiner Vorsehung, die Leute aufmerksam zu
machen,
auch kein Sperling vom Dache. Das iſt eben ſeine Vorſehung und Kegierung.
Gottlieb. Aber mit den Raben?
Vater. Weil Gott Minchen erhalten woll- te, ſo waren dazu ſchon alle Umſtaͤnde vorher gefuͤget, wie ſie der liebe Gott vorhergeſehen hatte, daß es juſt zu der Zeit geſchahe, da eben Raben am Ufer ſaßen. Dieſe wurden durch das Hineinfallen des Kindes ins Waſ- ſer erſchreckt, flogen auf, ſahen das Kind fortſchwimmen — dachten, es waͤre ein Stuͤck Fleiſch fuͤr ſie — ſchwaͤrmten uͤber dem Kinde herum, und ſchrien, bis es die Leute hoͤrten. Die Raben ſelbſt aber thaten das gar nicht in der Abſicht, daß die Leute das ſchwimmende Kind ſehen und retten ſollten, ſondern ſie tha- ten das bloß nach ihren natuͤrlichen Trieben.
Aber nach den Abſichten Gottes wur- de dieſer Umſtand ein Mittel ſeiner Vorſehung, die Leute aufmerkſam zu
machen,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0324"n="302"/>
auch kein <hirendition="#fr">Sperling vom Dache</hi>. Das iſt<lb/>
eben ſeine <hirendition="#fr">Vorſehung und Kegierung</hi>.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Gottlieb</hi>. Aber mit den Raben?</p><lb/><p><hirendition="#fr">Vater</hi>. Weil Gott Minchen erhalten woll-<lb/>
te, ſo waren dazu ſchon alle Umſtaͤnde vorher<lb/>
gefuͤget, wie ſie der liebe Gott vorhergeſehen<lb/>
hatte, daß es juſt zu der Zeit geſchahe, da<lb/>
eben Raben am Ufer ſaßen. Dieſe wurden<lb/>
durch das Hineinfallen des Kindes ins Waſ-<lb/>ſer erſchreckt, flogen auf, ſahen das Kind<lb/>
fortſchwimmen — dachten, es waͤre ein Stuͤck<lb/>
Fleiſch fuͤr ſie —ſchwaͤrmten uͤber dem Kinde<lb/>
herum, und ſchrien, bis es die Leute hoͤrten.<lb/>
Die Raben ſelbſt aber thaten das gar nicht in<lb/>
der Abſicht, daß die Leute das ſchwimmende<lb/>
Kind ſehen und retten ſollten, ſondern ſie tha-<lb/>
ten das bloß nach ihren natuͤrlichen Trieben.</p><lb/><p><hirendition="#et">Aber nach den Abſichten Gottes wur-<lb/>
de dieſer Umſtand ein Mittel ſeiner<lb/>
Vorſehung, die Leute aufmerkſam zu</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch">machen,</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[302/0324]
auch kein Sperling vom Dache. Das iſt
eben ſeine Vorſehung und Kegierung.
Gottlieb. Aber mit den Raben?
Vater. Weil Gott Minchen erhalten woll-
te, ſo waren dazu ſchon alle Umſtaͤnde vorher
gefuͤget, wie ſie der liebe Gott vorhergeſehen
hatte, daß es juſt zu der Zeit geſchahe, da
eben Raben am Ufer ſaßen. Dieſe wurden
durch das Hineinfallen des Kindes ins Waſ-
ſer erſchreckt, flogen auf, ſahen das Kind
fortſchwimmen — dachten, es waͤre ein Stuͤck
Fleiſch fuͤr ſie — ſchwaͤrmten uͤber dem Kinde
herum, und ſchrien, bis es die Leute hoͤrten.
Die Raben ſelbſt aber thaten das gar nicht in
der Abſicht, daß die Leute das ſchwimmende
Kind ſehen und retten ſollten, ſondern ſie tha-
ten das bloß nach ihren natuͤrlichen Trieben.
Aber nach den Abſichten Gottes wur-
de dieſer Umſtand ein Mittel ſeiner
Vorſehung, die Leute aufmerkſam zu
machen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/324>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.