man nur wußte. Das war ihr empfindlich, und sie sahe es nun ein, daß das andern eben so wenig, als ihr selbst, gefallen konnte.
Dorchen war ein ganz anderes Kind, und beyzeiten zur Verschwiegenheit gewöhnt. Man ließ es vom Anfange an nicht alles wis- sen und erfahren, wornach es fragte. Es mußte zuweilen, wenn auch Vater und Mut- ter ganz allein waren, aus der Stube gehen, weil man ihm sagte: daß man was sprechen wollte, das es nicht hören sollte, indem man befürchtete, es würde es gleich dem Gesinde, oder andern wieder sagen. Dieß schmerzte dasselbe, besonders wenn der Vater sagte: ich kann dir noch nicht recht trauen, daß du es nicht andern wiedersagst, und mir dadurch Verdruß machest. O nein! sagte das Kind, lieber Vater! das will ich nicht thun, zumal wenn ich weiß, daß Sie es nicht haben wol- len. Man machte daher mit einigen gleich-
gülti-
man nur wußte. Das war ihr empfindlich, und ſie ſahe es nun ein, daß das andern eben ſo wenig, als ihr ſelbſt, gefallen konnte.
Dorchen war ein ganz anderes Kind, und beyzeiten zur Verſchwiegenheit gewoͤhnt. Man ließ es vom Anfange an nicht alles wiſ- ſen und erfahren, wornach es fragte. Es mußte zuweilen, wenn auch Vater und Mut- ter ganz allein waren, aus der Stube gehen, weil man ihm ſagte: daß man was ſprechen wollte, das es nicht hoͤren ſollte, indem man befuͤrchtete, es wuͤrde es gleich dem Geſinde, oder andern wieder ſagen. Dieß ſchmerzte daſſelbe, beſonders wenn der Vater ſagte: ich kann dir noch nicht recht trauen, daß du es nicht andern wiederſagſt, und mir dadurch Verdruß macheſt. O nein! ſagte das Kind, lieber Vater! das will ich nicht thun, zumal wenn ich weiß, daß Sie es nicht haben wol- len. Man machte daher mit einigen gleich-
guͤlti-
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man nur wußte. Das war ihr empfindlich,
und ſie ſahe es nun ein, daß das andern eben
ſo wenig, als ihr ſelbſt, gefallen konnte.
Dorchen war ein ganz anderes Kind, und
beyzeiten zur Verſchwiegenheit gewoͤhnt.
Man ließ es vom Anfange an nicht alles wiſ-
ſen und erfahren, wornach es fragte. Es
mußte zuweilen, wenn auch Vater und Mut-
ter ganz allein waren, aus der Stube gehen,
weil man ihm ſagte: daß man was ſprechen
wollte, das es nicht hoͤren ſollte, indem man
befuͤrchtete, es wuͤrde es gleich dem Geſinde,
oder andern wieder ſagen. Dieß ſchmerzte
daſſelbe, beſonders wenn der Vater ſagte: ich
kann dir noch nicht recht trauen, daß du es
nicht andern wiederſagſt, und mir dadurch
Verdruß macheſt. O nein! ſagte das Kind,
lieber Vater! das will ich nicht thun, zumal
wenn ich weiß, daß Sie es nicht haben wol-
len. Man machte daher mit einigen gleich-
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Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783/106>, abgerufen am 16.02.2025.
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