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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

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Aelteste in der Gesellschaft am allermerklich¬
sten schuldig machte.

Schien es bey ihr Plan zu seyn, Män¬
ner die etwas vorstellten, Rang, Ansehen,
Ruhm oder sonst etwas Bedeutendes vor sich
hatten, für sich zu gewinnen, Weisheit und
Besonnenheit zu Schanden zu machen, und
ihrem wilden wunderlichen Wesen selbst bey
der Bedächtlichkeit Gunst zu erwerben; so
kam die Jugend doch dabey nicht zu kurz:
Jeder hatte sein Theil, seinen Tag, seine
Stunde, in der sie ihn zu entzücken und zu
fesseln wußte. So hatte sie den Architecten
schon bald ins Auge gefaßt, der jedoch aus
seinem schwarzen langlockigen Haar so unbe¬
fangen heraussah, so gerad und ruhig in der
Entfernung stand, auf alle Fragen kurz und
verständig antwortete, sich aber auf nichts
weiter einzulassen geneigt schien, daß sie sich
endlich einmal, halb unwillig halb listig, ent¬
schloß ihn zum Helden des Tages zu machen

Aelteſte in der Geſellſchaft am allermerklich¬
ſten ſchuldig machte.

Schien es bey ihr Plan zu ſeyn, Maͤn¬
ner die etwas vorſtellten, Rang, Anſehen,
Ruhm oder ſonſt etwas Bedeutendes vor ſich
hatten, fuͤr ſich zu gewinnen, Weisheit und
Beſonnenheit zu Schanden zu machen, und
ihrem wilden wunderlichen Weſen ſelbſt bey
der Bedaͤchtlichkeit Gunſt zu erwerben; ſo
kam die Jugend doch dabey nicht zu kurz:
Jeder hatte ſein Theil, ſeinen Tag, ſeine
Stunde, in der ſie ihn zu entzuͤcken und zu
feſſeln wußte. So hatte ſie den Architecten
ſchon bald ins Auge gefaßt, der jedoch aus
ſeinem ſchwarzen langlockigen Haar ſo unbe¬
fangen herausſah, ſo gerad und ruhig in der
Entfernung ſtand, auf alle Fragen kurz und
verſtaͤndig antwortete, ſich aber auf nichts
weiter einzulaſſen geneigt ſchien, daß ſie ſich
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[53/0056] Aelteſte in der Geſellſchaft am allermerklich¬ ſten ſchuldig machte. Schien es bey ihr Plan zu ſeyn, Maͤn¬ ner die etwas vorſtellten, Rang, Anſehen, Ruhm oder ſonſt etwas Bedeutendes vor ſich hatten, fuͤr ſich zu gewinnen, Weisheit und Beſonnenheit zu Schanden zu machen, und ihrem wilden wunderlichen Weſen ſelbſt bey der Bedaͤchtlichkeit Gunſt zu erwerben; ſo kam die Jugend doch dabey nicht zu kurz: Jeder hatte ſein Theil, ſeinen Tag, ſeine Stunde, in der ſie ihn zu entzuͤcken und zu feſſeln wußte. So hatte ſie den Architecten ſchon bald ins Auge gefaßt, der jedoch aus ſeinem ſchwarzen langlockigen Haar ſo unbe¬ fangen herausſah, ſo gerad und ruhig in der Entfernung ſtand, auf alle Fragen kurz und verſtaͤndig antwortete, ſich aber auf nichts weiter einzulaſſen geneigt ſchien, daß ſie ſich endlich einmal, halb unwillig halb liſtig, ent¬ ſchloß ihn zum Helden des Tages zu machen

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/56>, abgerufen am 24.11.2024.