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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

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einen langen Schweif nach sich zieht. Die
gewöhnlichen Besuchsunterhaltungen dünkten
ihr bald ganz unschmackhaft. Kaum daß sie
den ältesten Personen eine Ruhe am Spieltisch
gönnte; wer noch einigermaßen beweglich war
-- und wer ließ sich nicht durch ihre reizen¬
den Zudringlichkeiten in Bewegung setzen? --
mußte herbey, wo nicht zum Tanze, doch
zum lebhaften Pfand-Straf- und Vexirspiel.
Und obgleich das Alles, so wie hernach die
Pfänderlösung, auf sie selbst berechnet war, so
ging doch von der andern Seite Niemand, be¬
sonders kein Mann, er mochte von einer Art
seyn von welcher er wollte, ganz leer aus; ja
es glückte ihr, einige ältere Personen von
Bedeutung ganz für sich zu gewinnen, indem
sie ihre eben einfallenden Geburts- und Namens¬
tage ausgeforscht hatte und besonders feyerte.
Dabey kam ihr ein ganz eignes Geschick zu
Statten, so daß, indem alle sich begünstigt sa¬
hen, jeder sich für den am meisten begünstig¬
ten hielt: eine Schwachheit deren sich sogar der

einen langen Schweif nach ſich zieht. Die
gewoͤhnlichen Beſuchsunterhaltungen duͤnkten
ihr bald ganz unſchmackhaft. Kaum daß ſie
den aͤlteſten Perſonen eine Ruhe am Spieltiſch
goͤnnte; wer noch einigermaßen beweglich war
— und wer ließ ſich nicht durch ihre reizen¬
den Zudringlichkeiten in Bewegung ſetzen? —
mußte herbey, wo nicht zum Tanze, doch
zum lebhaften Pfand-Straf- und Vexirſpiel.
Und obgleich das Alles, ſo wie hernach die
Pfaͤnderloͤſung, auf ſie ſelbſt berechnet war, ſo
ging doch von der andern Seite Niemand, be¬
ſonders kein Mann, er mochte von einer Art
ſeyn von welcher er wollte, ganz leer aus; ja
es gluͤckte ihr, einige aͤltere Perſonen von
Bedeutung ganz fuͤr ſich zu gewinnen, indem
ſie ihre eben einfallenden Geburts- und Namens¬
tage ausgeforſcht hatte und beſonders feyerte.
Dabey kam ihr ein ganz eignes Geſchick zu
Statten, ſo daß, indem alle ſich beguͤnſtigt ſa¬
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[52/0055] einen langen Schweif nach ſich zieht. Die gewoͤhnlichen Beſuchsunterhaltungen duͤnkten ihr bald ganz unſchmackhaft. Kaum daß ſie den aͤlteſten Perſonen eine Ruhe am Spieltiſch goͤnnte; wer noch einigermaßen beweglich war — und wer ließ ſich nicht durch ihre reizen¬ den Zudringlichkeiten in Bewegung ſetzen? — mußte herbey, wo nicht zum Tanze, doch zum lebhaften Pfand-Straf- und Vexirſpiel. Und obgleich das Alles, ſo wie hernach die Pfaͤnderloͤſung, auf ſie ſelbſt berechnet war, ſo ging doch von der andern Seite Niemand, be¬ ſonders kein Mann, er mochte von einer Art ſeyn von welcher er wollte, ganz leer aus; ja es gluͤckte ihr, einige aͤltere Perſonen von Bedeutung ganz fuͤr ſich zu gewinnen, indem ſie ihre eben einfallenden Geburts- und Namens¬ tage ausgeforſcht hatte und beſonders feyerte. Dabey kam ihr ein ganz eignes Geſchick zu Statten, ſo daß, indem alle ſich beguͤnſtigt ſa¬ hen, jeder ſich fuͤr den am meiſten beguͤnſtig¬ ten hielt: eine Schwachheit deren ſich ſogar der

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/55>, abgerufen am 25.11.2024.