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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

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werden; denn sie sey nicht todt, sie könne
nicht todt seyn. Man that ihm seinen Wil¬
len, insofern man wenigstens das unterließ
was er verboten hatte. Er verlangte sie nicht
zu sehen.

Noch ein anderer Schreck ergriff, noch
eine andre Sorge beschäftigte die Freunde.
Nanny von dem Arzt heftig gescholten, durch
Drohungen zum Bekenntniß genöthigt, und
nach dem Bekenntniß mit Vorwürfen über¬
häuft, war entflohen. Nach langem Suchen
fand man sie wieder; sie schien außer sich
zu seyn. Ihre Aeltern nahmen sie zu sich.
Die beste Begegnung schien nicht anzuschla¬
gen, man mußte sie einsperren, weil sie wie¬
der zu entfliehen drohte.

Stufenweise gelang es, Eduarden der hef¬
tigsten Verzweiflung zu entreißen, aber nur
zu seinem Unglück: denn es ward ihm deut¬
lich, es ward ihm gewiß, daß er das Glück

werden; denn ſie ſey nicht todt, ſie koͤnne
nicht todt ſeyn. Man that ihm ſeinen Wil¬
len, inſofern man wenigſtens das unterließ
was er verboten hatte. Er verlangte ſie nicht
zu ſehen.

Noch ein anderer Schreck ergriff, noch
eine andre Sorge beſchaͤftigte die Freunde.
Nanny von dem Arzt heftig geſcholten, durch
Drohungen zum Bekenntniß genoͤthigt, und
nach dem Bekenntniß mit Vorwuͤrfen uͤber¬
haͤuft, war entflohen. Nach langem Suchen
fand man ſie wieder; ſie ſchien außer ſich
zu ſeyn. Ihre Aeltern nahmen ſie zu ſich.
Die beſte Begegnung ſchien nicht anzuſchla¬
gen, man mußte ſie einſperren, weil ſie wie¬
der zu entfliehen drohte.

Stufenweiſe gelang es, Eduarden der hef¬
tigſten Verzweiflung zu entreißen, aber nur
zu ſeinem Ungluͤck: denn es ward ihm deut¬
lich, es ward ihm gewiß, daß er das Gluͤck

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[325/0328] werden; denn ſie ſey nicht todt, ſie koͤnne nicht todt ſeyn. Man that ihm ſeinen Wil¬ len, inſofern man wenigſtens das unterließ was er verboten hatte. Er verlangte ſie nicht zu ſehen. Noch ein anderer Schreck ergriff, noch eine andre Sorge beſchaͤftigte die Freunde. Nanny von dem Arzt heftig geſcholten, durch Drohungen zum Bekenntniß genoͤthigt, und nach dem Bekenntniß mit Vorwuͤrfen uͤber¬ haͤuft, war entflohen. Nach langem Suchen fand man ſie wieder; ſie ſchien außer ſich zu ſeyn. Ihre Aeltern nahmen ſie zu ſich. Die beſte Begegnung ſchien nicht anzuſchla¬ gen, man mußte ſie einſperren, weil ſie wie¬ der zu entfliehen drohte. Stufenweiſe gelang es, Eduarden der hef¬ tigſten Verzweiflung zu entreißen, aber nur zu ſeinem Ungluͤck: denn es ward ihm deut¬ lich, es ward ihm gewiß, daß er das Gluͤck

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/328>, abgerufen am 25.11.2024.