Eduard, dem es bisher gelungen war, un¬ bemerkt so weit vorzudringen, der seinen Park leer, die Gegend einsam fand, wagte sich immer weiter. Endlich bricht er durch das Gebüsch bey den Eichen; er sieht Ottilien, sie ihn; er fliegt auf sie zu und liegt zu ihren Füßen. Nach einer langen stummen Pause, in der sich beyde zu fassen suchen, erklärt er ihr mit wenig Worten, warum und wie er hieher gekommen. Er habe den Major an Charlotten abgesendet, ihr gemeinsames Schick¬ sal werde vielleicht in diesem Augenblick ent¬ schieden. Nie habe er an ihrer Liebe gezwei¬ felt, sie gewiß auch nie an der seinigen. Er bitte sie um ihre Einwilligung. Sie zauder¬ te, er beschwur sie; er wollte seine alten Rech¬ te geltend machen und sie in seine Arme schließen; sie deutete auf das Kind hin.
hinter ihr her und vergoldete Wange und Schulter.
Eduard, dem es bisher gelungen war, un¬ bemerkt ſo weit vorzudringen, der ſeinen Park leer, die Gegend einſam fand, wagte ſich immer weiter. Endlich bricht er durch das Gebuͤſch bey den Eichen; er ſieht Ottilien, ſie ihn; er fliegt auf ſie zu und liegt zu ihren Fuͤßen. Nach einer langen ſtummen Pauſe, in der ſich beyde zu faſſen ſuchen, erklaͤrt er ihr mit wenig Worten, warum und wie er hieher gekommen. Er habe den Major an Charlotten abgeſendet, ihr gemeinſames Schick¬ ſal werde vielleicht in dieſem Augenblick ent¬ ſchieden. Nie habe er an ihrer Liebe gezwei¬ felt, ſie gewiß auch nie an der ſeinigen. Er bitte ſie um ihre Einwilligung. Sie zauder¬ te, er beſchwur ſie; er wollte ſeine alten Rech¬ te geltend machen und ſie in ſeine Arme ſchließen; ſie deutete auf das Kind hin.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0251"n="248"/>
hinter ihr her und vergoldete Wange und<lb/>
Schulter.</p><lb/><p>Eduard, dem es bisher gelungen war, un¬<lb/>
bemerkt ſo weit vorzudringen, der ſeinen Park<lb/>
leer, die Gegend einſam fand, wagte ſich<lb/>
immer weiter. Endlich bricht er durch das<lb/>
Gebuͤſch bey den Eichen; er ſieht Ottilien,<lb/>ſie ihn; er fliegt auf ſie zu und liegt zu ihren<lb/>
Fuͤßen. Nach einer langen ſtummen Pauſe,<lb/>
in der ſich beyde zu faſſen ſuchen, erklaͤrt er<lb/>
ihr mit wenig Worten, warum und wie er<lb/>
hieher gekommen. Er habe den Major an<lb/>
Charlotten abgeſendet, ihr gemeinſames Schick¬<lb/>ſal werde vielleicht in dieſem Augenblick ent¬<lb/>ſchieden. Nie habe er an ihrer Liebe gezwei¬<lb/>
felt, ſie gewiß auch nie an der ſeinigen. Er<lb/>
bitte ſie um ihre Einwilligung. Sie zauder¬<lb/>
te, er beſchwur ſie; er wollte ſeine alten Rech¬<lb/>
te geltend machen und ſie in ſeine Arme<lb/>ſchließen; ſie deutete auf das Kind hin.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[248/0251]
hinter ihr her und vergoldete Wange und
Schulter.
Eduard, dem es bisher gelungen war, un¬
bemerkt ſo weit vorzudringen, der ſeinen Park
leer, die Gegend einſam fand, wagte ſich
immer weiter. Endlich bricht er durch das
Gebuͤſch bey den Eichen; er ſieht Ottilien,
ſie ihn; er fliegt auf ſie zu und liegt zu ihren
Fuͤßen. Nach einer langen ſtummen Pauſe,
in der ſich beyde zu faſſen ſuchen, erklaͤrt er
ihr mit wenig Worten, warum und wie er
hieher gekommen. Er habe den Major an
Charlotten abgeſendet, ihr gemeinſames Schick¬
ſal werde vielleicht in dieſem Augenblick ent¬
ſchieden. Nie habe er an ihrer Liebe gezwei¬
felt, ſie gewiß auch nie an der ſeinigen. Er
bitte ſie um ihre Einwilligung. Sie zauder¬
te, er beſchwur ſie; er wollte ſeine alten Rech¬
te geltend machen und ſie in ſeine Arme
ſchließen; ſie deutete auf das Kind hin.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/251>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.