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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

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von unten herauf begonnen hatte, als er
einen ansehnlichen Lotteriegewinnst that, sich
ein mäßiges Gut kaufte, es verpachtete und
zum Mittelpunct seiner Wirksamkeit machte,
mit dem festen Vorsatz, oder vielmehr nach
alter Gewohnheit und Neigung, in keinem
Hause zu verweilen, wo nichts zu schlichten
und nichts zu helfen wäre. Diejenigen die
auf Namensbedeutungen abergläubisch sind,
behaupten, der Name Mittler habe ihn ge¬
nöthigt, diese seltsamste aller Bestimmungen
zu ergreifen.

Der Nachtisch war aufgetragen, als der
Gast seine Wirthe ernstlich vermahnte, nicht
weiter mit ihren Entdeckungen zurückzuhalten,
weil er gleich nach dem Kaffee fortmüsse.
Die beyden Ehleute machten umständlich ihre
Bekenntnisse; aber kaum hatte er den Sinn
der Sache vernommen, als er verdrießlich
vom Tische auffuhr, ans Fenster sprang und
sein Pferd zu satteln befahl.

von unten herauf begonnen hatte, als er
einen anſehnlichen Lotteriegewinnſt that, ſich
ein maͤßiges Gut kaufte, es verpachtete und
zum Mittelpunct ſeiner Wirkſamkeit machte,
mit dem feſten Vorſatz, oder vielmehr nach
alter Gewohnheit und Neigung, in keinem
Hauſe zu verweilen, wo nichts zu ſchlichten
und nichts zu helfen waͤre. Diejenigen die
auf Namensbedeutungen aberglaͤubiſch ſind,
behaupten, der Name Mittler habe ihn ge¬
noͤthigt, dieſe ſeltſamſte aller Beſtimmungen
zu ergreifen.

Der Nachtiſch war aufgetragen, als der
Gaſt ſeine Wirthe ernſtlich vermahnte, nicht
weiter mit ihren Entdeckungen zuruͤckzuhalten,
weil er gleich nach dem Kaffee fortmuͤſſe.
Die beyden Ehleute machten umſtaͤndlich ihre
Bekenntniſſe; aber kaum hatte er den Sinn
der Sache vernommen, als er verdrießlich
vom Tiſche auffuhr, ans Fenſter ſprang und
ſein Pferd zu ſatteln befahl.

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[37/0042] von unten herauf begonnen hatte, als er einen anſehnlichen Lotteriegewinnſt that, ſich ein maͤßiges Gut kaufte, es verpachtete und zum Mittelpunct ſeiner Wirkſamkeit machte, mit dem feſten Vorſatz, oder vielmehr nach alter Gewohnheit und Neigung, in keinem Hauſe zu verweilen, wo nichts zu ſchlichten und nichts zu helfen waͤre. Diejenigen die auf Namensbedeutungen aberglaͤubiſch ſind, behaupten, der Name Mittler habe ihn ge¬ noͤthigt, dieſe ſeltſamſte aller Beſtimmungen zu ergreifen. Der Nachtiſch war aufgetragen, als der Gaſt ſeine Wirthe ernſtlich vermahnte, nicht weiter mit ihren Entdeckungen zuruͤckzuhalten, weil er gleich nach dem Kaffee fortmuͤſſe. Die beyden Ehleute machten umſtaͤndlich ihre Bekenntniſſe; aber kaum hatte er den Sinn der Sache vernommen, als er verdrießlich vom Tiſche auffuhr, ans Fenſter ſprang und ſein Pferd zu ſatteln befahl.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/42>, abgerufen am 20.04.2024.