schende blitzende Entstehen und Verschwinden eher ängstlich als angenehm. Sie lehnte sich schüchtern an Eduard, dem diese Annähe¬ rung, dieses Zutrauen das volle Gefühl gab, daß sie ihm ganz angehöre.
Die Nacht war kaum in ihre Rechte wie¬ der eingetreten, als der Mond aufging und die Pfade der beyden Rückkehrenden beleuch¬ tete. Eine Figur, den Hut in der Hand, vertrat ihnen den Weg, und sprach sie um ein Almosen an, da er an diesem festlichen Tage versäumt worden sey. Der Mond schien ihm ins Gesicht und Eduard erkannte die Züge jenes zudringlichen Bettlers. Aber so glück¬ lich wie er war, konnte er nicht ungehalten seyn, konnte es ihm nicht einfallen, daß be¬ sonders für heute das Betteln höchlich ver¬ pönt worden. Er forschte nicht lange in der Tasche und gab ein Goldstück hin. Er hätte jeden gern glücklich gemacht, da sein Glück ohne Gränzen schien.
ſchende blitzende Entſtehen und Verſchwinden eher aͤngſtlich als angenehm. Sie lehnte ſich ſchuͤchtern an Eduard, dem dieſe Annaͤhe¬ rung, dieſes Zutrauen das volle Gefuͤhl gab, daß ſie ihm ganz angehoͤre.
Die Nacht war kaum in ihre Rechte wie¬ der eingetreten, als der Mond aufging und die Pfade der beyden Ruͤckkehrenden beleuch¬ tete. Eine Figur, den Hut in der Hand, vertrat ihnen den Weg, und ſprach ſie um ein Almoſen an, da er an dieſem feſtlichen Tage verſaͤumt worden ſey. Der Mond ſchien ihm ins Geſicht und Eduard erkannte die Zuͤge jenes zudringlichen Bettlers. Aber ſo gluͤck¬ lich wie er war, konnte er nicht ungehalten ſeyn, konnte es ihm nicht einfallen, daß be¬ ſonders fuͤr heute das Betteln hoͤchlich ver¬ poͤnt worden. Er forſchte nicht lange in der Taſche und gab ein Goldſtuͤck hin. Er haͤtte jeden gern gluͤcklich gemacht, da ſein Gluͤck ohne Graͤnzen ſchien.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0258"n="253"/>ſchende blitzende Entſtehen und Verſchwinden<lb/>
eher aͤngſtlich als angenehm. Sie lehnte<lb/>ſich ſchuͤchtern an Eduard, dem dieſe Annaͤhe¬<lb/>
rung, dieſes Zutrauen das volle Gefuͤhl gab,<lb/>
daß ſie ihm ganz angehoͤre.</p><lb/><p>Die Nacht war kaum in ihre Rechte wie¬<lb/>
der eingetreten, als der Mond aufging und<lb/>
die Pfade der beyden Ruͤckkehrenden beleuch¬<lb/>
tete. Eine Figur, den Hut in der Hand,<lb/>
vertrat ihnen den Weg, und ſprach ſie um<lb/>
ein Almoſen an, da er an dieſem feſtlichen<lb/>
Tage verſaͤumt worden ſey. Der Mond ſchien<lb/>
ihm ins Geſicht und Eduard erkannte die Zuͤge<lb/>
jenes zudringlichen Bettlers. Aber ſo gluͤck¬<lb/>
lich wie er war, konnte er nicht ungehalten<lb/>ſeyn, konnte es ihm nicht einfallen, daß be¬<lb/>ſonders fuͤr heute das Betteln hoͤchlich ver¬<lb/>
poͤnt worden. Er forſchte nicht lange in der<lb/>
Taſche und gab ein Goldſtuͤck hin. Er haͤtte<lb/>
jeden gern gluͤcklich gemacht, da ſein Gluͤck<lb/>
ohne Graͤnzen ſchien.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[253/0258]
ſchende blitzende Entſtehen und Verſchwinden
eher aͤngſtlich als angenehm. Sie lehnte
ſich ſchuͤchtern an Eduard, dem dieſe Annaͤhe¬
rung, dieſes Zutrauen das volle Gefuͤhl gab,
daß ſie ihm ganz angehoͤre.
Die Nacht war kaum in ihre Rechte wie¬
der eingetreten, als der Mond aufging und
die Pfade der beyden Ruͤckkehrenden beleuch¬
tete. Eine Figur, den Hut in der Hand,
vertrat ihnen den Weg, und ſprach ſie um
ein Almoſen an, da er an dieſem feſtlichen
Tage verſaͤumt worden ſey. Der Mond ſchien
ihm ins Geſicht und Eduard erkannte die Zuͤge
jenes zudringlichen Bettlers. Aber ſo gluͤck¬
lich wie er war, konnte er nicht ungehalten
ſeyn, konnte es ihm nicht einfallen, daß be¬
ſonders fuͤr heute das Betteln hoͤchlich ver¬
poͤnt worden. Er forſchte nicht lange in der
Taſche und gab ein Goldſtuͤck hin. Er haͤtte
jeden gern gluͤcklich gemacht, da ſein Gluͤck
ohne Graͤnzen ſchien.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/258>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.