Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

derselbe etwas hastig bat, er möge ihm die¬
sen Theil der Feyerlichkeit doch allein über¬
lassen.

Schon hatte sich das Volk auf die ober¬
wärts abgestochenen und vom Rasen entblößten
Dämme gedrängt, wo das Erdreich uneben
und unsicher war. Die Sonne ging unter,
die Dämmerung trat ein, und in Erwartung
größerer Dunkelheit wurde die Gesellschaft
unter den Platanen mit Erfrischungen be¬
dient. Man fand den Ort unvergleichlich
und freute sich in Gedanken, künftig von hier
die Aussicht auf einen weiten und so mannig¬
faltig begränzten See zu genießen.

Ein ruhiger Abend, eine vollkommene
Windstille versprachen das nächtliche Fest zu
begünstigen, als auf einmal ein entsetzliches
Geschrey entstand. Große Schollen hatten sich
vom Damme losgetrennt, man sah mehrere
Menschen ins Wasser stürzen. Das Erdreich

derſelbe etwas haſtig bat, er moͤge ihm die¬
ſen Theil der Feyerlichkeit doch allein uͤber¬
laſſen.

Schon hatte ſich das Volk auf die ober¬
waͤrts abgeſtochenen und vom Raſen entbloͤßten
Daͤmme gedraͤngt, wo das Erdreich uneben
und unſicher war. Die Sonne ging unter,
die Daͤmmerung trat ein, und in Erwartung
groͤßerer Dunkelheit wurde die Geſellſchaft
unter den Platanen mit Erfriſchungen be¬
dient. Man fand den Ort unvergleichlich
und freute ſich in Gedanken, kuͤnftig von hier
die Ausſicht auf einen weiten und ſo mannig¬
faltig begraͤnzten See zu genießen.

Ein ruhiger Abend, eine vollkommene
Windſtille verſprachen das naͤchtliche Feſt zu
beguͤnſtigen, als auf einmal ein entſetzliches
Geſchrey entſtand. Große Schollen hatten ſich
vom Damme losgetrennt, man ſah mehrere
Menſchen ins Waſſer ſtuͤrzen. Das Erdreich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0252" n="247"/>
der&#x017F;elbe etwas ha&#x017F;tig bat, er mo&#x0364;ge ihm die¬<lb/>
&#x017F;en Theil der Feyerlichkeit doch allein u&#x0364;ber¬<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Schon hatte &#x017F;ich das Volk auf die ober¬<lb/>
wa&#x0364;rts abge&#x017F;tochenen und vom Ra&#x017F;en entblo&#x0364;ßten<lb/>
Da&#x0364;mme gedra&#x0364;ngt, wo das Erdreich uneben<lb/>
und un&#x017F;icher war. Die Sonne ging unter,<lb/>
die Da&#x0364;mmerung trat ein, und in Erwartung<lb/>
gro&#x0364;ßerer Dunkelheit wurde die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft<lb/>
unter den Platanen mit Erfri&#x017F;chungen be¬<lb/>
dient. Man fand den Ort unvergleichlich<lb/>
und freute &#x017F;ich in Gedanken, ku&#x0364;nftig von hier<lb/>
die Aus&#x017F;icht auf einen weiten und &#x017F;o mannig¬<lb/>
faltig begra&#x0364;nzten See zu genießen.</p><lb/>
        <p>Ein ruhiger Abend, eine vollkommene<lb/>
Wind&#x017F;tille ver&#x017F;prachen das na&#x0364;chtliche Fe&#x017F;t zu<lb/>
begu&#x0364;n&#x017F;tigen, als auf einmal ein ent&#x017F;etzliches<lb/>
Ge&#x017F;chrey ent&#x017F;tand. Große Schollen hatten &#x017F;ich<lb/>
vom Damme losgetrennt, man &#x017F;ah mehrere<lb/>
Men&#x017F;chen ins Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;tu&#x0364;rzen. Das Erdreich<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[247/0252] derſelbe etwas haſtig bat, er moͤge ihm die¬ ſen Theil der Feyerlichkeit doch allein uͤber¬ laſſen. Schon hatte ſich das Volk auf die ober¬ waͤrts abgeſtochenen und vom Raſen entbloͤßten Daͤmme gedraͤngt, wo das Erdreich uneben und unſicher war. Die Sonne ging unter, die Daͤmmerung trat ein, und in Erwartung groͤßerer Dunkelheit wurde die Geſellſchaft unter den Platanen mit Erfriſchungen be¬ dient. Man fand den Ort unvergleichlich und freute ſich in Gedanken, kuͤnftig von hier die Ausſicht auf einen weiten und ſo mannig¬ faltig begraͤnzten See zu genießen. Ein ruhiger Abend, eine vollkommene Windſtille verſprachen das naͤchtliche Feſt zu beguͤnſtigen, als auf einmal ein entſetzliches Geſchrey entſtand. Große Schollen hatten ſich vom Damme losgetrennt, man ſah mehrere Menſchen ins Waſſer ſtuͤrzen. Das Erdreich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/252
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/252>, abgerufen am 11.05.2024.