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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

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Auf diese Weise wäret Ihr Frauen wohl
unüberwindlich, versetzte Eduard: erst verstän¬
dig, daß man nicht widersprechen kann, liebe¬
voll, daß man sich gern hingiebt, gefühlvoll,
daß man Euch nicht weh thun mag, ahndungs¬
voll, daß man erschrickt.

Ich bin nicht abergläubisch, versetzte Char¬
lotte, und gebe nichts auf diese dunklen An¬
regungen, insofern sie nur solche wären; aber
es sind meistentheils unbewußte Erinnerungen
glücklicher und unglücklicher Folgen, die wir
an eigenen oder fremden Handlungen erlebt
haben. Nichts ist bedeutender in jedem Zu¬
stande, als die Dazwischenkunft eines Dritten.
Ich habe Freunde gesehen, Geschwister, Lie¬
bende, Gatten, deren Verhältniß durch den
zufälligen oder gewählten Hinzutritt einer
neuen Person ganz und gar verändert, deren
Lage völlig umgekehrt worden.

Das kann wohl geschehen, versetzte Edu¬

Auf dieſe Weiſe waͤret Ihr Frauen wohl
unuͤberwindlich, verſetzte Eduard: erſt verſtaͤn¬
dig, daß man nicht widerſprechen kann, liebe¬
voll, daß man ſich gern hingiebt, gefuͤhlvoll,
daß man Euch nicht weh thun mag, ahndungs¬
voll, daß man erſchrickt.

Ich bin nicht aberglaͤubiſch, verſetzte Char¬
lotte, und gebe nichts auf dieſe dunklen An¬
regungen, inſofern ſie nur ſolche waͤren; aber
es ſind meiſtentheils unbewußte Erinnerungen
gluͤcklicher und ungluͤcklicher Folgen, die wir
an eigenen oder fremden Handlungen erlebt
haben. Nichts iſt bedeutender in jedem Zu¬
ſtande, als die Dazwiſchenkunft eines Dritten.
Ich habe Freunde geſehen, Geſchwiſter, Lie¬
bende, Gatten, deren Verhaͤltniß durch den
zufaͤlligen oder gewaͤhlten Hinzutritt einer
neuen Perſon ganz und gar veraͤndert, deren
Lage voͤllig umgekehrt worden.

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[18/0023] Auf dieſe Weiſe waͤret Ihr Frauen wohl unuͤberwindlich, verſetzte Eduard: erſt verſtaͤn¬ dig, daß man nicht widerſprechen kann, liebe¬ voll, daß man ſich gern hingiebt, gefuͤhlvoll, daß man Euch nicht weh thun mag, ahndungs¬ voll, daß man erſchrickt. Ich bin nicht aberglaͤubiſch, verſetzte Char¬ lotte, und gebe nichts auf dieſe dunklen An¬ regungen, inſofern ſie nur ſolche waͤren; aber es ſind meiſtentheils unbewußte Erinnerungen gluͤcklicher und ungluͤcklicher Folgen, die wir an eigenen oder fremden Handlungen erlebt haben. Nichts iſt bedeutender in jedem Zu¬ ſtande, als die Dazwiſchenkunft eines Dritten. Ich habe Freunde geſehen, Geſchwiſter, Lie¬ bende, Gatten, deren Verhaͤltniß durch den zufaͤlligen oder gewaͤhlten Hinzutritt einer neuen Perſon ganz und gar veraͤndert, deren Lage voͤllig umgekehrt worden. Das kann wohl geſchehen, verſetzte Edu¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/23>, abgerufen am 21.11.2024.