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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

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wandte sie sich weg und eilte hinunter nach
der Mooshütte. Schon auf halbem Wege
stürzten ihr die Thränen aus den Augen,
und nun warf sie sich in den engen Raum
der kleinen Einsiedeley und überließ sich ganz
einem Schmerz, einer Leidenschaft, einer
Verzweiflung, von deren Möglichkeit sie we¬
nig Augenblicke vorher auch nicht die leiseste
Ahndung gehabt hatte.

Auf der andern Seite war Eduard mit
der Baronesse an den Teichen hergegangen.
Die kluge Frau, die gern von allem unter¬
richtet seyn mochte, bemerkte bald in einem
tastenden Gespräch, daß Eduard sich zu Otti¬
liens Lobe weitläuftig herausließ, und wußte
ihn auf eine so natürliche Weise nach und
nach in den Gang zu bringen, daß ihr
zuletzt kein Zweifel übrig blieb, hier sey eine
Leidenschaft nicht auf dem Wege, sondern
wirklich angelangt.

wandte ſie ſich weg und eilte hinunter nach
der Mooshuͤtte. Schon auf halbem Wege
ſtuͤrzten ihr die Thraͤnen aus den Augen,
und nun warf ſie ſich in den engen Raum
der kleinen Einſiedeley und uͤberließ ſich ganz
einem Schmerz, einer Leidenſchaft, einer
Verzweiflung, von deren Moͤglichkeit ſie we¬
nig Augenblicke vorher auch nicht die leiſeſte
Ahndung gehabt hatte.

Auf der andern Seite war Eduard mit
der Baroneſſe an den Teichen hergegangen.
Die kluge Frau, die gern von allem unter¬
richtet ſeyn mochte, bemerkte bald in einem
taſtenden Geſpraͤch, daß Eduard ſich zu Otti¬
liens Lobe weitlaͤuftig herausließ, und wußte
ihn auf eine ſo natuͤrliche Weiſe nach und
nach in den Gang zu bringen, daß ihr
zuletzt kein Zweifel uͤbrig blieb, hier ſey eine
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wirklich angelangt.

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[190/0195] wandte ſie ſich weg und eilte hinunter nach der Mooshuͤtte. Schon auf halbem Wege ſtuͤrzten ihr die Thraͤnen aus den Augen, und nun warf ſie ſich in den engen Raum der kleinen Einſiedeley und uͤberließ ſich ganz einem Schmerz, einer Leidenſchaft, einer Verzweiflung, von deren Moͤglichkeit ſie we¬ nig Augenblicke vorher auch nicht die leiſeſte Ahndung gehabt hatte. Auf der andern Seite war Eduard mit der Baroneſſe an den Teichen hergegangen. Die kluge Frau, die gern von allem unter¬ richtet ſeyn mochte, bemerkte bald in einem taſtenden Geſpraͤch, daß Eduard ſich zu Otti¬ liens Lobe weitlaͤuftig herausließ, und wußte ihn auf eine ſo natuͤrliche Weiſe nach und nach in den Gang zu bringen, daß ihr zuletzt kein Zweifel uͤbrig blieb, hier ſey eine Leidenſchaft nicht auf dem Wege, ſondern wirklich angelangt.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/195>, abgerufen am 23.11.2024.