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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

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zeit zu bändigen, behalten in den außeror¬
dentlichsten Fällen immer noch eine Art von
scheinbarer Fassung. Doch hörte sie schon
nicht mehr was der Graf sagte, indem er
fortfuhr: Wenn ich von etwas überzeugt bin,
geht es bey mir geschwind her. Ich habe
schon meinen Brief im Kopfe zusammenge¬
stellt, und mich drängt's ihn zu schreiben.
Sie verschaffen mir einen reitenden Boten,
den ich noch heute Abend wegschicken kann.

Charlotte war innerlich zerrissen. Von
diesen Vorschlägen so wie von sich selbst über¬
rascht, konnte sie kein Wort hervorbringen.
Der Graf fuhr glücklicherweise fort von sei¬
nen Planen für den Hauptmann zu sprechen,
deren Günstiges Charlotten nur allzusehr in
die Augen fiel. Es war Zeit, daß der Haupt¬
mann herauftrat und seine Rolle vor dem
Grafen entfaltete. Aber mit wie andern Au¬
gen sah sie den Freund an, den sie verlieren
sollte! Mit einer nothdürftigen Verbeugung

zeit zu baͤndigen, behalten in den außeror¬
dentlichſten Faͤllen immer noch eine Art von
ſcheinbarer Faſſung. Doch hoͤrte ſie ſchon
nicht mehr was der Graf ſagte, indem er
fortfuhr: Wenn ich von etwas uͤberzeugt bin,
geht es bey mir geſchwind her. Ich habe
ſchon meinen Brief im Kopfe zuſammenge¬
ſtellt, und mich draͤngt's ihn zu ſchreiben.
Sie verſchaffen mir einen reitenden Boten,
den ich noch heute Abend wegſchicken kann.

Charlotte war innerlich zerriſſen. Von
dieſen Vorſchlaͤgen ſo wie von ſich ſelbſt uͤber¬
raſcht, konnte ſie kein Wort hervorbringen.
Der Graf fuhr gluͤcklicherweiſe fort von ſei¬
nen Planen fuͤr den Hauptmann zu ſprechen,
deren Guͤnſtiges Charlotten nur allzuſehr in
die Augen fiel. Es war Zeit, daß der Haupt¬
mann herauftrat und ſeine Rolle vor dem
Grafen entfaltete. Aber mit wie andern Au¬
gen ſah ſie den Freund an, den ſie verlieren
ſollte! Mit einer nothduͤrftigen Verbeugung

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[189/0194] zeit zu baͤndigen, behalten in den außeror¬ dentlichſten Faͤllen immer noch eine Art von ſcheinbarer Faſſung. Doch hoͤrte ſie ſchon nicht mehr was der Graf ſagte, indem er fortfuhr: Wenn ich von etwas uͤberzeugt bin, geht es bey mir geſchwind her. Ich habe ſchon meinen Brief im Kopfe zuſammenge¬ ſtellt, und mich draͤngt's ihn zu ſchreiben. Sie verſchaffen mir einen reitenden Boten, den ich noch heute Abend wegſchicken kann. Charlotte war innerlich zerriſſen. Von dieſen Vorſchlaͤgen ſo wie von ſich ſelbſt uͤber¬ raſcht, konnte ſie kein Wort hervorbringen. Der Graf fuhr gluͤcklicherweiſe fort von ſei¬ nen Planen fuͤr den Hauptmann zu ſprechen, deren Guͤnſtiges Charlotten nur allzuſehr in die Augen fiel. Es war Zeit, daß der Haupt¬ mann herauftrat und ſeine Rolle vor dem Grafen entfaltete. Aber mit wie andern Au¬ gen ſah ſie den Freund an, den ſie verlieren ſollte! Mit einer nothduͤrftigen Verbeugung

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/194>, abgerufen am 23.11.2024.