Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

Luft: denn es bezeichnet das Uebermaß einer
Freude, das Gefäß zu zerstören, dessen man
sich in der Fröhlichkeit bedient. Aber die߬
mal ereignete es sich anders: das Glas kam
nicht wieder auf den Boden, und zwar ohne
Wunder.

Man hatte nämlich, um mit dem Bau
vorwärts zu kommen, bereits an der entge¬
gengesetzten Ecke den Grund völlig herausge¬
schlagen, ja schon angefangen die Mauern
aufzuführen, und zu dem Endzweck das Ge¬
rüst erbaut, so hoch als es überhaupt nöthig
war.

Daß man es besonders zu dieser Feyer¬
lichkeit mit Brettern belegt und eine Menge
Zuschauer hinaufgelassen hatte, war zum Vor¬
theil der Arbeitsleute geschehen. Dort hinauf
flog das Glas und wurde von Einem aufge¬
fangen, der diesen Zufall als ein glückliches Zei¬
chen für sich ansah. Er wieß es zuletzt herum,

Luft: denn es bezeichnet das Uebermaß einer
Freude, das Gefaͤß zu zerſtoͤren, deſſen man
ſich in der Froͤhlichkeit bedient. Aber die߬
mal ereignete es ſich anders: das Glas kam
nicht wieder auf den Boden, und zwar ohne
Wunder.

Man hatte naͤmlich, um mit dem Bau
vorwaͤrts zu kommen, bereits an der entge¬
gengeſetzten Ecke den Grund voͤllig herausge¬
ſchlagen, ja ſchon angefangen die Mauern
aufzufuͤhren, und zu dem Endzweck das Ge¬
ruͤſt erbaut, ſo hoch als es uͤberhaupt noͤthig
war.

Daß man es beſonders zu dieſer Feyer¬
lichkeit mit Brettern belegt und eine Menge
Zuſchauer hinaufgelaſſen hatte, war zum Vor¬
theil der Arbeitsleute geſchehen. Dort hinauf
flog das Glas und wurde von Einem aufge¬
fangen, der dieſen Zufall als ein gluͤckliches Zei¬
chen fuͤr ſich anſah. Er wieß es zuletzt herum,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0165" n="160"/>
Luft: denn es bezeichnet das Uebermaß einer<lb/>
Freude, das Gefa&#x0364;ß zu zer&#x017F;to&#x0364;ren, de&#x017F;&#x017F;en man<lb/>
&#x017F;ich in der Fro&#x0364;hlichkeit bedient. Aber die߬<lb/>
mal ereignete es &#x017F;ich anders: das Glas kam<lb/>
nicht wieder auf den Boden, und zwar ohne<lb/>
Wunder.</p><lb/>
        <p>Man hatte na&#x0364;mlich, um mit dem Bau<lb/>
vorwa&#x0364;rts zu kommen, bereits an der entge¬<lb/>
genge&#x017F;etzten Ecke den Grund vo&#x0364;llig herausge¬<lb/>
&#x017F;chlagen, ja &#x017F;chon angefangen die Mauern<lb/>
aufzufu&#x0364;hren, und zu dem Endzweck das Ge¬<lb/>
ru&#x0364;&#x017F;t erbaut, &#x017F;o hoch als es u&#x0364;berhaupt no&#x0364;thig<lb/>
war.</p><lb/>
        <p>Daß man es be&#x017F;onders zu die&#x017F;er Feyer¬<lb/>
lichkeit mit Brettern belegt und eine Menge<lb/>
Zu&#x017F;chauer hinaufgela&#x017F;&#x017F;en hatte, war zum Vor¬<lb/>
theil der Arbeitsleute ge&#x017F;chehen. Dort hinauf<lb/>
flog das Glas und wurde von Einem aufge¬<lb/>
fangen, der die&#x017F;en Zufall als ein glu&#x0364;ckliches Zei¬<lb/>
chen fu&#x0364;r &#x017F;ich an&#x017F;ah. Er wieß es zuletzt herum,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0165] Luft: denn es bezeichnet das Uebermaß einer Freude, das Gefaͤß zu zerſtoͤren, deſſen man ſich in der Froͤhlichkeit bedient. Aber die߬ mal ereignete es ſich anders: das Glas kam nicht wieder auf den Boden, und zwar ohne Wunder. Man hatte naͤmlich, um mit dem Bau vorwaͤrts zu kommen, bereits an der entge¬ gengeſetzten Ecke den Grund voͤllig herausge¬ ſchlagen, ja ſchon angefangen die Mauern aufzufuͤhren, und zu dem Endzweck das Ge¬ ruͤſt erbaut, ſo hoch als es uͤberhaupt noͤthig war. Daß man es beſonders zu dieſer Feyer¬ lichkeit mit Brettern belegt und eine Menge Zuſchauer hinaufgelaſſen hatte, war zum Vor¬ theil der Arbeitsleute geſchehen. Dort hinauf flog das Glas und wurde von Einem aufge¬ fangen, der dieſen Zufall als ein gluͤckliches Zei¬ chen fuͤr ſich anſah. Er wieß es zuletzt herum,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/165
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/165>, abgerufen am 06.05.2024.