Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

und Wage aller Mauern und Wände bezeich¬
net, könnten wir ohne weiteres niederlegen:
denn er ruhte wohl auf seiner eignen Schwere.
Aber auch hier soll es am Kalk, am Bin¬
dungsmittel nicht fehlen: denn so wie Men¬
schen die einander von Natur geneigt sind,
noch besser zusammenhalten, wenn das Ge¬
setz sie verkittet; so werden auch Steine de¬
ren Form schon zusammenpaßt, noch besser
durch diese bindenden Kräfte vereinigt: und
da es sich nicht ziemen will unter den
Thätigen müßig zu seyn, so werden Sie
nicht verschmähen auch hier Mitarbeiter zu
werden.

Er überreichte hierauf seine Kelle Char¬
lotten, welche damit Kalk unter den Stein
warf. Mehreren wurde ein Gleiches zu thun
angesonnen und der Stein alsobald niederge¬
senkt; worauf denn Charlotten und den übri¬
gen sogleich der Hammer gereicht wurde, um
durch ein dreymaliges Pochen die Verbin¬

und Wage aller Mauern und Waͤnde bezeich¬
net, koͤnnten wir ohne weiteres niederlegen:
denn er ruhte wohl auf ſeiner eignen Schwere.
Aber auch hier ſoll es am Kalk, am Bin¬
dungsmittel nicht fehlen: denn ſo wie Men¬
ſchen die einander von Natur geneigt ſind,
noch beſſer zuſammenhalten, wenn das Ge¬
ſetz ſie verkittet; ſo werden auch Steine de¬
ren Form ſchon zuſammenpaßt, noch beſſer
durch dieſe bindenden Kraͤfte vereinigt: und
da es ſich nicht ziemen will unter den
Thaͤtigen muͤßig zu ſeyn, ſo werden Sie
nicht verſchmaͤhen auch hier Mitarbeiter zu
werden.

Er uͤberreichte hierauf ſeine Kelle Char¬
lotten, welche damit Kalk unter den Stein
warf. Mehreren wurde ein Gleiches zu thun
angeſonnen und der Stein alſobald niederge¬
ſenkt; worauf denn Charlotten und den uͤbri¬
gen ſogleich der Hammer gereicht wurde, um
durch ein dreymaliges Pochen die Verbin¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0159" n="154"/>
und Wage aller Mauern und Wa&#x0364;nde bezeich¬<lb/>
net, ko&#x0364;nnten wir ohne weiteres niederlegen:<lb/>
denn er ruhte wohl auf &#x017F;einer eignen Schwere.<lb/>
Aber auch hier &#x017F;oll es am Kalk, am Bin¬<lb/>
dungsmittel nicht fehlen: denn &#x017F;o wie Men¬<lb/>
&#x017F;chen die einander von Natur geneigt &#x017F;ind,<lb/>
noch be&#x017F;&#x017F;er zu&#x017F;ammenhalten, wenn das Ge¬<lb/>
&#x017F;etz &#x017F;ie verkittet; &#x017F;o werden auch Steine de¬<lb/>
ren Form &#x017F;chon zu&#x017F;ammenpaßt, noch be&#x017F;&#x017F;er<lb/>
durch die&#x017F;e bindenden Kra&#x0364;fte vereinigt: und<lb/>
da es &#x017F;ich nicht ziemen will unter den<lb/>
Tha&#x0364;tigen mu&#x0364;ßig zu &#x017F;eyn, &#x017F;o werden Sie<lb/>
nicht ver&#x017F;chma&#x0364;hen auch hier Mitarbeiter zu<lb/>
werden.</p><lb/>
        <p>Er u&#x0364;berreichte hierauf &#x017F;eine Kelle Char¬<lb/>
lotten, welche damit Kalk unter den Stein<lb/>
warf. Mehreren wurde ein Gleiches zu thun<lb/>
ange&#x017F;onnen und der Stein al&#x017F;obald niederge¬<lb/>
&#x017F;enkt; worauf denn Charlotten und den u&#x0364;bri¬<lb/>
gen &#x017F;ogleich der Hammer gereicht wurde, um<lb/>
durch ein dreymaliges Pochen die Verbin¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[154/0159] und Wage aller Mauern und Waͤnde bezeich¬ net, koͤnnten wir ohne weiteres niederlegen: denn er ruhte wohl auf ſeiner eignen Schwere. Aber auch hier ſoll es am Kalk, am Bin¬ dungsmittel nicht fehlen: denn ſo wie Men¬ ſchen die einander von Natur geneigt ſind, noch beſſer zuſammenhalten, wenn das Ge¬ ſetz ſie verkittet; ſo werden auch Steine de¬ ren Form ſchon zuſammenpaßt, noch beſſer durch dieſe bindenden Kraͤfte vereinigt: und da es ſich nicht ziemen will unter den Thaͤtigen muͤßig zu ſeyn, ſo werden Sie nicht verſchmaͤhen auch hier Mitarbeiter zu werden. Er uͤberreichte hierauf ſeine Kelle Char¬ lotten, welche damit Kalk unter den Stein warf. Mehreren wurde ein Gleiches zu thun angeſonnen und der Stein alſobald niederge¬ ſenkt; worauf denn Charlotten und den uͤbri¬ gen ſogleich der Hammer gereicht wurde, um durch ein dreymaliges Pochen die Verbin¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/159
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/159>, abgerufen am 07.05.2024.