ren, gestand Ottilie nach einigem Zaudern, daß sie solche mit auf ihr Zimmer genommen.
Und Sie können, Sie wollen mich auf dem Flügel begleiten? rief Eduard, dem die Augen vor Freude glänzten. Ich glaube wohl, versetzte Ottilie, daß es gehn wird. Sie brachte die Noten herbey und setzte sich ans Clavier. Die Zuhörenden waren aufmerksam und überrascht, wie vollkommen Ottilie das Musikstück für sich selbst eingelernt hatte, aber noch mehr überrascht, wie sie es der Spielart Eduards anzupassen wußte. Anzu¬ passen wußte ist nicht der rechte Ausdruck: denn wenn es von Charlottens Geschicklichkeit und freyem Willen abhing, ihrem bald zö¬ gernden bald voreilenden Gatten zu Liebe, hier anzuhalten, dort mitzugehen; so schien Otti¬ lie, welche die Sonate von jenen einigemal spielen gehört, sie nur in dem Sinne einge¬ lernt zu haben, wie jener sie begleitete. Sie hatte seine Mängel so zu den ihrigen gemacht,
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ren, geſtand Ottilie nach einigem Zaudern, daß ſie ſolche mit auf ihr Zimmer genommen.
Und Sie koͤnnen, Sie wollen mich auf dem Fluͤgel begleiten? rief Eduard, dem die Augen vor Freude glaͤnzten. Ich glaube wohl, verſetzte Ottilie, daß es gehn wird. Sie brachte die Noten herbey und ſetzte ſich ans Clavier. Die Zuhoͤrenden waren aufmerkſam und uͤberraſcht, wie vollkommen Ottilie das Muſikſtuͤck fuͤr ſich ſelbſt eingelernt hatte, aber noch mehr uͤberraſcht, wie ſie es der Spielart Eduards anzupaſſen wußte. Anzu¬ paſſen wußte iſt nicht der rechte Ausdruck: denn wenn es von Charlottens Geſchicklichkeit und freyem Willen abhing, ihrem bald zoͤ¬ gernden bald voreilenden Gatten zu Liebe, hier anzuhalten, dort mitzugehen; ſo ſchien Otti¬ lie, welche die Sonate von jenen einigemal ſpielen gehoͤrt, ſie nur in dem Sinne einge¬ lernt zu haben, wie jener ſie begleitete. Sie hatte ſeine Maͤngel ſo zu den ihrigen gemacht,
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ren, geſtand Ottilie nach einigem Zaudern,
daß ſie ſolche mit auf ihr Zimmer genommen.
Und Sie koͤnnen, Sie wollen mich auf
dem Fluͤgel begleiten? rief Eduard, dem die
Augen vor Freude glaͤnzten. Ich glaube wohl,
verſetzte Ottilie, daß es gehn wird. Sie
brachte die Noten herbey und ſetzte ſich ans
Clavier. Die Zuhoͤrenden waren aufmerkſam
und uͤberraſcht, wie vollkommen Ottilie das
Muſikſtuͤck fuͤr ſich ſelbſt eingelernt hatte,
aber noch mehr uͤberraſcht, wie ſie es der
Spielart Eduards anzupaſſen wußte. Anzu¬
paſſen wußte iſt nicht der rechte Ausdruck:
denn wenn es von Charlottens Geſchicklichkeit
und freyem Willen abhing, ihrem bald zoͤ¬
gernden bald voreilenden Gatten zu Liebe, hier
anzuhalten, dort mitzugehen; ſo ſchien Otti¬
lie, welche die Sonate von jenen einigemal
ſpielen gehoͤrt, ſie nur in dem Sinne einge¬
lernt zu haben, wie jener ſie begleitete. Sie
hatte ſeine Maͤngel ſo zu den ihrigen gemacht,
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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/150>, abgerufen am 24.11.2024.
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