Goethe, Johann Wolfgang von: Reinecke Fuchs. In zwölf Gesängen. Berlin, 1794 (= Goethe's Neue Schriften, Bd. 2).Und das Haupt behalte der Wolf, die köst- Als ihr die Rede vernommen, versetztet ihr: sage! wer hat dich So nach Hofart theilen gelehrt? ich möcht es erfahren. Da versetzt ich: mein Lehrer ist nah, denn die- ser, mit rothem Kopfe, mit blutiger Glatze, hat mir das Ver- ständniß geöffnet. Ich bemerkte genau, wie er heut frühe das Ferkel Theilte, da lernt ich den Sinn von solcher Theilung begreifen, Kalb oder Schwein, ich find es nun leicht, und werde nicht fehlen. Schaden und Schande befiel den Wolf und seine Begierde. Und das Haupt behalte der Wolf, die koͤst- Als ihr die Rede vernommen, versetztet ihr: sage! wer hat dich So nach Hofart theilen gelehrt? ich moͤcht es erfahren. Da versetzt ich: mein Lehrer ist nah, denn die- ser, mit rothem Kopfe, mit blutiger Glatze, hat mir das Ver- staͤndniß geoͤffnet. Ich bemerkte genau, wie er heut fruͤhe das Ferkel Theilte, da lernt ich den Sinn von solcher Theilung begreifen, Kalb oder Schwein, ich find es nun leicht, und werde nicht fehlen. Schaden und Schande befiel den Wolf und seine Begierde. <TEI> <text> <body> <div> <div type="poem"> <lg type="poem"> <lg n="26"> <pb facs="#f0400" n="392"/> <l>Und das Haupt behalte der Wolf, die koͤst-<lb/><space dim="horizontal"/>liche Speise.</l><lb/> </lg> <lg n="27"> <l>Als ihr die Rede vernommen, versetztet ihr:<lb/><space dim="horizontal"/>sage! wer hat dich</l><lb/> <l>So nach Hofart theilen gelehrt? ich moͤcht es<lb/><space dim="horizontal"/>erfahren.</l><lb/> <l>Da versetzt ich: mein Lehrer ist nah, denn die-<lb/><space dim="horizontal"/>ser, mit rothem</l><lb/> <l>Kopfe, mit blutiger Glatze, hat mir das Ver-<lb/><space dim="horizontal"/>staͤndniß geoͤffnet.</l><lb/> <l>Ich bemerkte genau, wie er heut fruͤhe das<lb/><space dim="horizontal"/>Ferkel</l><lb/> <l>Theilte, da lernt ich den Sinn von solcher<lb/><space dim="horizontal"/>Theilung begreifen,</l><lb/> <l>Kalb oder Schwein, ich find es nun leicht, und<lb/><space dim="horizontal"/>werde nicht fehlen.</l><lb/> </lg> <lg n="28"> <l>Schaden und Schande befiel den Wolf und<lb/><space dim="horizontal"/>seine Begierde.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [392/0400]
Und das Haupt behalte der Wolf, die koͤst-
liche Speise.
Als ihr die Rede vernommen, versetztet ihr:
sage! wer hat dich
So nach Hofart theilen gelehrt? ich moͤcht es
erfahren.
Da versetzt ich: mein Lehrer ist nah, denn die-
ser, mit rothem
Kopfe, mit blutiger Glatze, hat mir das Ver-
staͤndniß geoͤffnet.
Ich bemerkte genau, wie er heut fruͤhe das
Ferkel
Theilte, da lernt ich den Sinn von solcher
Theilung begreifen,
Kalb oder Schwein, ich find es nun leicht, und
werde nicht fehlen.
Schaden und Schande befiel den Wolf und
seine Begierde.
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