dere Rollen recht gut gespielt, bey denen Ihnen Ihr Charakter, Ihre Gestalt und die Stimmung des Augenblicks zu gute kamen. Das wäre nun für ein Liebhabertheater und für einen jeden gut genug, der keinen an¬ dern Weg vor sich sähe. Man soll sich, fuhr Jarno fort, indem er auf die Rolle sah, vor einem Talente hüten, das man in Vollkommenheit auszuüben nicht Hoffnung hat. Man mag es darin so weit bringen, als man will, so wird man doch immer zu¬ letzt, wenn uns einmal das Verdienst des Meisters klar wird, den Verlust von Zeit und Kräften, die man auf eine solche Pfu¬ scherey gewendet hat, schmerzlich bedauren.
Lesen Sie nichts! sagte Wilhelm, ich bitte Sie inständig, sprechen Sie fort, erzählen Sie mir, klären Sie mich auf! Und so hat also der Abbe mir zum Hamlet geholfen, in¬ dem er einen Geist herbeyschaffte? -- Ja,
denn
dere Rollen recht gut geſpielt, bey denen Ihnen Ihr Charakter, Ihre Geſtalt und die Stimmung des Augenblicks zu gute kamen. Das wäre nun für ein Liebhabertheater und für einen jeden gut genug, der keinen an¬ dern Weg vor ſich ſähe. Man ſoll ſich, fuhr Jarno fort, indem er auf die Rolle ſah, vor einem Talente hüten, das man in Vollkommenheit auszuüben nicht Hoffnung hat. Man mag es darin ſo weit bringen, als man will, ſo wird man doch immer zu¬ letzt, wenn uns einmal das Verdienſt des Meiſters klar wird, den Verluſt von Zeit und Kräften, die man auf eine ſolche Pfu¬ ſcherey gewendet hat, ſchmerzlich bedauren.
Leſen Sie nichts! ſagte Wilhelm, ich bitte Sie inſtändig, ſprechen Sie fort, erzählen Sie mir, klären Sie mich auf! Und ſo hat alſo der Abbé mir zum Hamlet geholfen, in¬ dem er einen Geiſt herbeyſchaffte? — Ja,
denn
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0356"n="352"/>
dere Rollen recht gut geſpielt, bey denen<lb/>
Ihnen Ihr Charakter, Ihre Geſtalt und die<lb/>
Stimmung des Augenblicks zu gute kamen.<lb/>
Das wäre nun für ein Liebhabertheater und<lb/>
für einen jeden gut genug, der keinen an¬<lb/>
dern Weg vor ſich ſähe. Man ſoll ſich,<lb/>
fuhr Jarno fort, indem er auf die Rolle<lb/>ſah, vor einem Talente hüten, das man in<lb/>
Vollkommenheit auszuüben nicht Hoffnung<lb/>
hat. Man mag es darin ſo weit bringen,<lb/>
als man will, ſo wird man doch immer zu¬<lb/>
letzt, wenn uns einmal das Verdienſt des<lb/>
Meiſters klar wird, den Verluſt von Zeit<lb/>
und Kräften, die man auf eine ſolche Pfu¬<lb/>ſcherey gewendet hat, ſchmerzlich bedauren.</p><lb/><p>Leſen Sie nichts! ſagte Wilhelm, ich bitte<lb/>
Sie inſtändig, ſprechen Sie fort, erzählen<lb/>
Sie mir, klären Sie mich auf! Und ſo hat<lb/>
alſo der Abbé mir zum Hamlet geholfen, in¬<lb/>
dem er einen Geiſt herbeyſchaffte? — Ja,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">denn<lb/></fw></p></div></div></div></body></text></TEI>
[352/0356]
dere Rollen recht gut geſpielt, bey denen
Ihnen Ihr Charakter, Ihre Geſtalt und die
Stimmung des Augenblicks zu gute kamen.
Das wäre nun für ein Liebhabertheater und
für einen jeden gut genug, der keinen an¬
dern Weg vor ſich ſähe. Man ſoll ſich,
fuhr Jarno fort, indem er auf die Rolle
ſah, vor einem Talente hüten, das man in
Vollkommenheit auszuüben nicht Hoffnung
hat. Man mag es darin ſo weit bringen,
als man will, ſo wird man doch immer zu¬
letzt, wenn uns einmal das Verdienſt des
Meiſters klar wird, den Verluſt von Zeit
und Kräften, die man auf eine ſolche Pfu¬
ſcherey gewendet hat, ſchmerzlich bedauren.
Leſen Sie nichts! ſagte Wilhelm, ich bitte
Sie inſtändig, ſprechen Sie fort, erzählen
Sie mir, klären Sie mich auf! Und ſo hat
alſo der Abbé mir zum Hamlet geholfen, in¬
dem er einen Geiſt herbeyſchaffte? — Ja,
denn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/356>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.