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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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sich vors Auge stellt, zerstöhrt es den reinen
Effect jener Allgemeinheit. Ich will jeden
sehen, mit dem ich reden soll, denn es ist
ein einzelner Mensch, dessen Gestalt und
Character die Rede werth oder unwerth
macht, hingegen wer mir singt, soll unsicht¬
bar seyn, seine Gestalt soll mich nicht be¬
stechen oder irre machen. Hier spricht nur
ein Organ zum Organe, nicht der Geist
zum Geiste, nicht eine tausendfältige Welt
zum Auge, nicht ein Himmel zum Menschen.
Eben so wollte er auch bey Instrumentalmu¬
siken die Orchester so viel als möglich ver¬
steckt haben, weil man durch die mechani¬
schen Bemühungen und durch die nothdürf¬
tigen, immer seltsamen Gebärden der In¬
strumentenspieler so sehr zerstreut und ver¬
wirrt werde. Er pflegte daher eine Musik
nicht anders als mit zugeschlossenen Augen
anzuhören, um sein ganzes Daseyn auf den

ſich vors Auge ſtellt, zerſtöhrt es den reinen
Effect jener Allgemeinheit. Ich will jeden
ſehen, mit dem ich reden ſoll, denn es iſt
ein einzelner Menſch, deſſen Geſtalt und
Character die Rede werth oder unwerth
macht, hingegen wer mir ſingt, ſoll unſicht¬
bar ſeyn, ſeine Geſtalt ſoll mich nicht be¬
ſtechen oder irre machen. Hier ſpricht nur
ein Organ zum Organe, nicht der Geiſt
zum Geiſte, nicht eine tauſendfältige Welt
zum Auge, nicht ein Himmel zum Menſchen.
Eben ſo wollte er auch bey Inſtrumentalmu¬
ſiken die Orcheſter ſo viel als möglich ver¬
ſteckt haben, weil man durch die mechani¬
ſchen Bemühungen und durch die nothdürf¬
tigen, immer ſeltſamen Gebärden der In¬
ſtrumentenſpieler ſo ſehr zerſtreut und ver¬
wirrt werde. Er pflegte daher eine Muſik
nicht anders als mit zugeſchloſſenen Augen
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[351[331]/0335] ſich vors Auge ſtellt, zerſtöhrt es den reinen Effect jener Allgemeinheit. Ich will jeden ſehen, mit dem ich reden ſoll, denn es iſt ein einzelner Menſch, deſſen Geſtalt und Character die Rede werth oder unwerth macht, hingegen wer mir ſingt, ſoll unſicht¬ bar ſeyn, ſeine Geſtalt ſoll mich nicht be¬ ſtechen oder irre machen. Hier ſpricht nur ein Organ zum Organe, nicht der Geiſt zum Geiſte, nicht eine tauſendfältige Welt zum Auge, nicht ein Himmel zum Menſchen. Eben ſo wollte er auch bey Inſtrumentalmu¬ ſiken die Orcheſter ſo viel als möglich ver¬ ſteckt haben, weil man durch die mechani¬ ſchen Bemühungen und durch die nothdürf¬ tigen, immer ſeltſamen Gebärden der In¬ ſtrumentenſpieler ſo ſehr zerſtreut und ver¬ wirrt werde. Er pflegte daher eine Muſik nicht anders als mit zugeſchloſſenen Augen anzuhören, um ſein ganzes Daſeyn auf den

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 351[331]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/335>, abgerufen am 22.11.2024.