Natalie, bis dieser Saal fertig war. In seinen letzten Jahren hatte er einige geschickte Künstler an sich gezogen, und seine beste Unterhaltung war die Zeichnungen und Car¬ tone zu diesen Gemählden aussinnen und be¬ stimmen zu helfen.
Wilhelm konnte sich nicht genug der Ge¬ genstände freuen, die ihn umgaben. Welch ein Leben, rief er aus, in diesem Saale der Vergangenheit! man könnte ihn eben so gut den Saal der Gegenwart und der Zukunft nennen. So war alles und so wird alles seyn! Nichts ist vergänglich, als der Eine der genießt und zuschaut. Hier dieses Bild der Mutter, die ihr Kind ans Herz drückt, wird viele Generationen glücklicher Mütter überleben, nach Jahrhunderten vielleicht er¬ freut sich ein Vater dieses bärtigen Mannes, der seinen Ernst ablegt, und sich mit seinem Sohne neckt. So verschämt wird durch alle
Natalie, bis dieſer Saal fertig war. In ſeinen letzten Jahren hatte er einige geſchickte Künſtler an ſich gezogen, und ſeine beſte Unterhaltung war die Zeichnungen und Car¬ tone zu dieſen Gemählden ausſinnen und be¬ ſtimmen zu helfen.
Wilhelm konnte ſich nicht genug der Ge¬ genſtände freuen, die ihn umgaben. Welch ein Leben, rief er aus, in dieſem Saale der Vergangenheit! man könnte ihn eben ſo gut den Saal der Gegenwart und der Zukunft nennen. So war alles und ſo wird alles ſeyn! Nichts iſt vergänglich, als der Eine der genießt und zuſchaut. Hier dieſes Bild der Mutter, die ihr Kind ans Herz drückt, wird viele Generationen glücklicher Mütter überleben, nach Jahrhunderten vielleicht er¬ freut ſich ein Vater dieſes bärtigen Mannes, der ſeinen Ernſt ablegt, und ſich mit ſeinem Sohne neckt. So verſchämt wird durch alle
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0329"n="325"/>
Natalie, bis dieſer Saal fertig war. In<lb/>ſeinen letzten Jahren hatte er einige geſchickte<lb/>
Künſtler an ſich gezogen, und ſeine beſte<lb/>
Unterhaltung war die Zeichnungen und Car¬<lb/>
tone zu dieſen Gemählden ausſinnen und be¬<lb/>ſtimmen zu helfen.</p><lb/><p>Wilhelm konnte ſich nicht genug der Ge¬<lb/>
genſtände freuen, die ihn umgaben. Welch<lb/>
ein Leben, rief er aus, in dieſem Saale der<lb/>
Vergangenheit! man könnte ihn eben ſo gut<lb/>
den Saal der Gegenwart und der Zukunft<lb/>
nennen. So war alles und ſo wird alles<lb/>ſeyn! Nichts iſt vergänglich, als der Eine<lb/>
der genießt und zuſchaut. Hier dieſes Bild<lb/>
der Mutter, die ihr Kind ans Herz drückt,<lb/>
wird viele Generationen glücklicher Mütter<lb/>
überleben, nach Jahrhunderten vielleicht er¬<lb/>
freut ſich ein Vater dieſes bärtigen Mannes,<lb/>
der ſeinen Ernſt ablegt, und ſich mit ſeinem<lb/>
Sohne neckt. So verſchämt wird durch alle<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[325/0329]
Natalie, bis dieſer Saal fertig war. In
ſeinen letzten Jahren hatte er einige geſchickte
Künſtler an ſich gezogen, und ſeine beſte
Unterhaltung war die Zeichnungen und Car¬
tone zu dieſen Gemählden ausſinnen und be¬
ſtimmen zu helfen.
Wilhelm konnte ſich nicht genug der Ge¬
genſtände freuen, die ihn umgaben. Welch
ein Leben, rief er aus, in dieſem Saale der
Vergangenheit! man könnte ihn eben ſo gut
den Saal der Gegenwart und der Zukunft
nennen. So war alles und ſo wird alles
ſeyn! Nichts iſt vergänglich, als der Eine
der genießt und zuſchaut. Hier dieſes Bild
der Mutter, die ihr Kind ans Herz drückt,
wird viele Generationen glücklicher Mütter
überleben, nach Jahrhunderten vielleicht er¬
freut ſich ein Vater dieſes bärtigen Mannes,
der ſeinen Ernſt ablegt, und ſich mit ſeinem
Sohne neckt. So verſchämt wird durch alle
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/329>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.