werden können, und ich dächte, ihre Talente müßten auch ohne mich dieselbigen bleiben.
Serlo eröffnete ihm darauf, unter dem Siegel der Verschwiegenheit, seine Lage: wie sein erster Liebhaber Miene mache, ihn bey der Erneuerung des Contracts zu steigern, und wie er nicht gesinnt sey, ihm nachzuge¬ ben, besonders da die Gunst des Publikums gegen ihn so groß nicht mehr sey. Ließe er diesen gehen, so würde sein ganzer Anhang ihm folgen, wodurch denn die Gesellschaft einige gute, aber auch einige mittelmäßige Glieder verlöre. Hierauf zeigte er Wilhel¬ men, was er dagegen an ihm, an Laertes, dem alten Polterer und selbst an Frau Me¬ lina zu gewinnen hoffe. Ja, er versprach dem armen Pedanten als Juden, Minister, und überhaupt als Bösewicht einen entschie¬ denen Beyfall zu verschaffen.
Wilhelm stutzte, und vernahm den Vor¬
werden können, und ich dächte, ihre Talente müßten auch ohne mich dieſelbigen bleiben.
Serlo eröffnete ihm darauf, unter dem Siegel der Verſchwiegenheit, ſeine Lage: wie ſein erſter Liebhaber Miene mache, ihn bey der Erneuerung des Contracts zu ſteigern, und wie er nicht geſinnt ſey, ihm nachzuge¬ ben, beſonders da die Gunſt des Publikums gegen ihn ſo groß nicht mehr ſey. Ließe er dieſen gehen, ſo würde ſein ganzer Anhang ihm folgen, wodurch denn die Geſellſchaft einige gute, aber auch einige mittelmäßige Glieder verlöre. Hierauf zeigte er Wilhel¬ men, was er dagegen an ihm, an Laertes, dem alten Polterer und ſelbſt an Frau Me¬ lina zu gewinnen hoffe. Ja, er verſprach dem armen Pedanten als Juden, Miniſter, und überhaupt als Böſewicht einen entſchie¬ denen Beyfall zu verſchaffen.
Wilhelm ſtutzte, und vernahm den Vor¬
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0367"n="358"/>
werden können, und ich dächte, ihre Talente<lb/>
müßten auch ohne mich dieſelbigen bleiben.</p><lb/><p>Serlo eröffnete ihm darauf, unter dem<lb/>
Siegel der Verſchwiegenheit, ſeine Lage: wie<lb/>ſein erſter Liebhaber Miene mache, ihn bey<lb/>
der Erneuerung des Contracts zu ſteigern,<lb/>
und wie er nicht geſinnt ſey, ihm nachzuge¬<lb/>
ben, beſonders da die Gunſt des Publikums<lb/>
gegen ihn ſo groß nicht mehr ſey. Ließe er<lb/>
dieſen gehen, ſo würde ſein ganzer Anhang<lb/>
ihm folgen, wodurch denn die Geſellſchaft<lb/>
einige gute, aber auch einige mittelmäßige<lb/>
Glieder verlöre. Hierauf zeigte er Wilhel¬<lb/>
men, was er dagegen an ihm, an Laertes,<lb/>
dem alten Polterer und ſelbſt an Frau Me¬<lb/>
lina zu gewinnen hoffe. Ja, er verſprach<lb/>
dem armen Pedanten als Juden, Miniſter,<lb/>
und überhaupt als Böſewicht einen entſchie¬<lb/>
denen Beyfall zu verſchaffen.</p><lb/><p>Wilhelm ſtutzte, und vernahm den Vor¬<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[358/0367]
werden können, und ich dächte, ihre Talente
müßten auch ohne mich dieſelbigen bleiben.
Serlo eröffnete ihm darauf, unter dem
Siegel der Verſchwiegenheit, ſeine Lage: wie
ſein erſter Liebhaber Miene mache, ihn bey
der Erneuerung des Contracts zu ſteigern,
und wie er nicht geſinnt ſey, ihm nachzuge¬
ben, beſonders da die Gunſt des Publikums
gegen ihn ſo groß nicht mehr ſey. Ließe er
dieſen gehen, ſo würde ſein ganzer Anhang
ihm folgen, wodurch denn die Geſellſchaft
einige gute, aber auch einige mittelmäßige
Glieder verlöre. Hierauf zeigte er Wilhel¬
men, was er dagegen an ihm, an Laertes,
dem alten Polterer und ſelbſt an Frau Me¬
lina zu gewinnen hoffe. Ja, er verſprach
dem armen Pedanten als Juden, Miniſter,
und überhaupt als Böſewicht einen entſchie¬
denen Beyfall zu verſchaffen.
Wilhelm ſtutzte, und vernahm den Vor¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/367>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.