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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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das Geld völlig ausgegangen war, zu dem
Einfall, allein, ganze Stücke, besonders auf
Edelhöfen und in Dörfern vorzustellen, und
sich dadurch überall sogleich Unterhalt und
Nachtquartier zu verschaffen. In jeder Schen¬
ke, jedem Zimmer und Garten war sein Thea¬
ter gleich aufgeschlagen; mit einem schelmischen
Ernst und anscheinendem Enthusiasmus wu߬
te er die Einbildungskraft seiner Zuschauer
zu gewinnen, ihre Sinne zu täuschen, und
vor ihren offenen Augen einen alten Schrank
zu einer Burg, und einen Fächer zum Dolche
umzuschaffen. Seine Jugendwärme ersetzte
den Mangel eines tiefen Gefühls, seine Hef¬
tigkeit schien Stärke, und seine Schmeicheley
Zärtlichkeit. Diejenigen, die das Theater
schon kannten, erinnerte er an alles, was sie
gesehen und gehört hatten, und in den übri¬
gen erregte er eine Ahndung von etwas
Wunderbaren, und den Wunsch, näher da¬

das Geld völlig ausgegangen war, zu dem
Einfall, allein, ganze Stücke, beſonders auf
Edelhöfen und in Dörfern vorzuſtellen, und
ſich dadurch überall ſogleich Unterhalt und
Nachtquartier zu verſchaffen. In jeder Schen¬
ke, jedem Zimmer und Garten war ſein Thea¬
ter gleich aufgeſchlagen; mit einem ſchelmiſchen
Ernſt und anſcheinendem Enthuſiasmus wu߬
te er die Einbildungskraft ſeiner Zuſchauer
zu gewinnen, ihre Sinne zu täuſchen, und
vor ihren offenen Augen einen alten Schrank
zu einer Burg, und einen Fächer zum Dolche
umzuſchaffen. Seine Jugendwärme erſetzte
den Mangel eines tiefen Gefühls, ſeine Hef¬
tigkeit ſchien Stärke, und ſeine Schmeicheley
Zärtlichkeit. Diejenigen, die das Theater
ſchon kannten, erinnerte er an alles, was ſie
geſehen und gehört hatten, und in den übri¬
gen erregte er eine Ahndung von etwas
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[349/0358] das Geld völlig ausgegangen war, zu dem Einfall, allein, ganze Stücke, beſonders auf Edelhöfen und in Dörfern vorzuſtellen, und ſich dadurch überall ſogleich Unterhalt und Nachtquartier zu verſchaffen. In jeder Schen¬ ke, jedem Zimmer und Garten war ſein Thea¬ ter gleich aufgeſchlagen; mit einem ſchelmiſchen Ernſt und anſcheinendem Enthuſiasmus wu߬ te er die Einbildungskraft ſeiner Zuſchauer zu gewinnen, ihre Sinne zu täuſchen, und vor ihren offenen Augen einen alten Schrank zu einer Burg, und einen Fächer zum Dolche umzuſchaffen. Seine Jugendwärme erſetzte den Mangel eines tiefen Gefühls, ſeine Hef¬ tigkeit ſchien Stärke, und ſeine Schmeicheley Zärtlichkeit. Diejenigen, die das Theater ſchon kannten, erinnerte er an alles, was ſie geſehen und gehört hatten, und in den übri¬ gen erregte er eine Ahndung von etwas Wunderbaren, und den Wunſch, näher da¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/358>, abgerufen am 25.11.2024.