Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

ren, herauf zu geben. Nun putzte die Grä¬
fin selbst Philinen an, die fortfuhr sich mit
einer scheinheiligen, unschuldigen Miene gar
artig zu gebährden und zu betragen.

Der Graf bot seiner Gemahlin die Hand
und führte sie hinunter. Sie grüßte die
ganze Gesellschaft im Vorbeygehn freundlich,
und kehrte sich nochmals gegen Wilhelmen
um, indem sie mit der huldreichsten Miene
zu ihm sagte: wir sehen uns bald wieder.

So glückliche Aussichten belebten die
ganze Gesellschaft; jeder ließ nunmehr seinen
Hoffnungen, Wünschen und Einbildungen
freyen Lauf, sprach von den Rollen, die er
spielen, von dem Beyfall, den er erhalten
wollte. Melina überlegte, wie er noch ge¬
schwind, durch einige Vorstellungen, den Ein¬
wohnern des Städtchens etwas Geld abneh¬

ren, herauf zu geben. Nun putzte die Grä¬
fin ſelbſt Philinen an, die fortfuhr ſich mit
einer ſcheinheiligen, unſchuldigen Miene gar
artig zu gebährden und zu betragen.

Der Graf bot ſeiner Gemahlin die Hand
und führte ſie hinunter. Sie grüßte die
ganze Geſellſchaft im Vorbeygehn freundlich,
und kehrte ſich nochmals gegen Wilhelmen
um, indem ſie mit der huldreichſten Miene
zu ihm ſagte: wir ſehen uns bald wieder.

So glückliche Ausſichten belebten die
ganze Geſellſchaft; jeder ließ nunmehr ſeinen
Hoffnungen, Wünſchen und Einbildungen
freyen Lauf, ſprach von den Rollen, die er
ſpielen, von dem Beyfall, den er erhalten
wollte. Melina überlegte, wie er noch ge¬
ſchwind, durch einige Vorſtellungen, den Ein¬
wohnern des Städtchens etwas Geld abneh¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0032" n="24"/>
ren, herauf zu geben. Nun putzte die Grä¬<lb/>
fin &#x017F;elb&#x017F;t Philinen an, die fortfuhr &#x017F;ich mit<lb/>
einer &#x017F;cheinheiligen, un&#x017F;chuldigen Miene gar<lb/>
artig zu gebährden und zu betragen.</p><lb/>
            <p>Der Graf bot &#x017F;einer Gemahlin die Hand<lb/>
und führte &#x017F;ie hinunter. Sie grüßte die<lb/>
ganze Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft im Vorbeygehn freundlich,<lb/>
und kehrte &#x017F;ich nochmals gegen Wilhelmen<lb/>
um, indem &#x017F;ie mit der huldreich&#x017F;ten Miene<lb/>
zu ihm &#x017F;agte: wir &#x017F;ehen uns bald wieder.</p><lb/>
            <p>So glückliche Aus&#x017F;ichten belebten die<lb/>
ganze Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft; jeder ließ nunmehr &#x017F;einen<lb/>
Hoffnungen, Wün&#x017F;chen und Einbildungen<lb/>
freyen Lauf, &#x017F;prach von den Rollen, die er<lb/>
&#x017F;pielen, von dem Beyfall, den er erhalten<lb/>
wollte. Melina überlegte, wie er noch ge¬<lb/>
&#x017F;chwind, durch einige Vor&#x017F;tellungen, den Ein¬<lb/>
wohnern des Städtchens etwas Geld abneh¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0032] ren, herauf zu geben. Nun putzte die Grä¬ fin ſelbſt Philinen an, die fortfuhr ſich mit einer ſcheinheiligen, unſchuldigen Miene gar artig zu gebährden und zu betragen. Der Graf bot ſeiner Gemahlin die Hand und führte ſie hinunter. Sie grüßte die ganze Geſellſchaft im Vorbeygehn freundlich, und kehrte ſich nochmals gegen Wilhelmen um, indem ſie mit der huldreichſten Miene zu ihm ſagte: wir ſehen uns bald wieder. So glückliche Ausſichten belebten die ganze Geſellſchaft; jeder ließ nunmehr ſeinen Hoffnungen, Wünſchen und Einbildungen freyen Lauf, ſprach von den Rollen, die er ſpielen, von dem Beyfall, den er erhalten wollte. Melina überlegte, wie er noch ge¬ ſchwind, durch einige Vorſtellungen, den Ein¬ wohnern des Städtchens etwas Geld abneh¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/32
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/32>, abgerufen am 23.04.2024.