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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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vorigen Buche als Philinens Liebling ken¬
nen, pflegte gewöhnlich Pedanten, Magister
und Poeten zu spielen, und meistens die
Rolle zu übernehmen, wenn jemand Schläge
kriegen oder begossen werden sollte. Er hat¬
te sich gewisse kriechende, lächerliche, furchtsa¬
me Bücklinge angewöhnt, und seine stockende
Sprache, die zu seinen Rollen paßte, machte
die Zuschauer lachen, so daß er immer noch
als ein brauchbares Glied der Gesellschaft
angesehen wurde, besonders da er übrigens
sehr dienstfertig und gefällig war. Er nahte
sich auf seine Weise dem Grafen, neigte sich
vor demselben, und beantwortete jede Frage
auf die Art, wie er sich in seinen Rollen auf
dem Theater zu gebährden pflegte. Der
Graf sah ihn mit gefälliger Aufmerksamkeit
und mit Überlegung eine Zeitlang an, als¬
dann rief er, indem er sich zu der Gräfin
wendete: mein Kind, betrachte mir diesen

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vorigen Buche als Philinens Liebling ken¬
nen, pflegte gewöhnlich Pedanten, Magiſter
und Poeten zu ſpielen, und meiſtens die
Rolle zu übernehmen, wenn jemand Schläge
kriegen oder begoſſen werden ſollte. Er hat¬
te ſich gewiſſe kriechende, lächerliche, furchtſa¬
me Bücklinge angewöhnt, und ſeine ſtockende
Sprache, die zu ſeinen Rollen paßte, machte
die Zuſchauer lachen, ſo daß er immer noch
als ein brauchbares Glied der Geſellſchaft
angeſehen wurde, beſonders da er übrigens
ſehr dienſtfertig und gefällig war. Er nahte
ſich auf ſeine Weiſe dem Grafen, neigte ſich
vor demſelben, und beantwortete jede Frage
auf die Art, wie er ſich in ſeinen Rollen auf
dem Theater zu gebährden pflegte. Der
Graf ſah ihn mit gefälliger Aufmerkſamkeit
und mit Überlegung eine Zeitlang an, als¬
dann rief er, indem er ſich zu der Gräfin
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[19/0027] vorigen Buche als Philinens Liebling ken¬ nen, pflegte gewöhnlich Pedanten, Magiſter und Poeten zu ſpielen, und meiſtens die Rolle zu übernehmen, wenn jemand Schläge kriegen oder begoſſen werden ſollte. Er hat¬ te ſich gewiſſe kriechende, lächerliche, furchtſa¬ me Bücklinge angewöhnt, und ſeine ſtockende Sprache, die zu ſeinen Rollen paßte, machte die Zuſchauer lachen, ſo daß er immer noch als ein brauchbares Glied der Geſellſchaft angeſehen wurde, beſonders da er übrigens ſehr dienſtfertig und gefällig war. Er nahte ſich auf ſeine Weiſe dem Grafen, neigte ſich vor demſelben, und beantwortete jede Frage auf die Art, wie er ſich in ſeinen Rollen auf dem Theater zu gebährden pflegte. Der Graf ſah ihn mit gefälliger Aufmerkſamkeit und mit Überlegung eine Zeitlang an, als¬ dann rief er, indem er ſich zu der Gräfin wendete: mein Kind, betrachte mir dieſen B 2

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/27>, abgerufen am 24.11.2024.