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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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zu haben. Philine war ihm noch nie in ei¬
nem so ungünstigen Lichte erschienen. Sie
sollte, wie es ihm vorkam, sich jener edlen
Natur nicht nahen, noch weniger sie be¬
rühren.

Die Dame fragte Philinen verschiednes,
aber leise. Endlich kehrte sie sich zu dem
alten Herrn, der noch immer trocken dabey
stand, und sagte: lieber Oheim, darf ich auf
Ihre Kosten freygebig seyn? Sie zog sogleich
den Überrock aus, und ihre Absicht, ihn dem
Verwundeten und Unbekleideten hinzugeben,
war nicht zu verkennen.

Wilhelm, den der heilsame Blick ihrer
Augen bisher fest gehalten hatte, war nun,
als der Überrock fiel, von ihrer schönen Ge¬
stalt überrascht. Sie trat näher herzu, und
legte den Rock sanft über ihn hin. In die¬
sem Augenblicke, da er den Mund öffnen
und einige Worte des Dankes stammeln

zu haben. Philine war ihm noch nie in ei¬
nem ſo ungünſtigen Lichte erſchienen. Sie
ſollte, wie es ihm vorkam, ſich jener edlen
Natur nicht nahen, noch weniger ſie be¬
rühren.

Die Dame fragte Philinen verſchiednes,
aber leiſe. Endlich kehrte ſie ſich zu dem
alten Herrn, der noch immer trocken dabey
ſtand, und ſagte: lieber Oheim, darf ich auf
Ihre Koſten freygebig ſeyn? Sie zog ſogleich
den Überrock aus, und ihre Abſicht, ihn dem
Verwundeten und Unbekleideten hinzugeben,
war nicht zu verkennen.

Wilhelm, den der heilſame Blick ihrer
Augen bisher feſt gehalten hatte, war nun,
als der Überrock fiel, von ihrer ſchönen Ge¬
ſtalt überraſcht. Sie trat näher herzu, und
legte den Rock ſanft über ihn hin. In die¬
ſem Augenblicke, da er den Mund öffnen
und einige Worte des Dankes ſtammeln

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[231/0239] zu haben. Philine war ihm noch nie in ei¬ nem ſo ungünſtigen Lichte erſchienen. Sie ſollte, wie es ihm vorkam, ſich jener edlen Natur nicht nahen, noch weniger ſie be¬ rühren. Die Dame fragte Philinen verſchiednes, aber leiſe. Endlich kehrte ſie ſich zu dem alten Herrn, der noch immer trocken dabey ſtand, und ſagte: lieber Oheim, darf ich auf Ihre Koſten freygebig ſeyn? Sie zog ſogleich den Überrock aus, und ihre Abſicht, ihn dem Verwundeten und Unbekleideten hinzugeben, war nicht zu verkennen. Wilhelm, den der heilſame Blick ihrer Augen bisher feſt gehalten hatte, war nun, als der Überrock fiel, von ihrer ſchönen Ge¬ ſtalt überraſcht. Sie trat näher herzu, und legte den Rock ſanft über ihn hin. In die¬ ſem Augenblicke, da er den Mund öffnen und einige Worte des Dankes ſtammeln

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/239>, abgerufen am 25.11.2024.