dieser Anlaß treibt mich hinweg, rief er aus, schon lange mache ich mir stille Vorwürfe, daß ich um Sie bleibe. Ich sollte nirgends verweilen, denn das Unglück ereilt mich und beschädigt die, die sich zu mir gesellen. Fürch¬ ten Sie alles, wenn Sie mich nicht entlassen, aber fragen Sie mich nicht, ich gehöre nicht mir zu, ich kann nicht bleiben.
Wem gehörst du an? Wer kann eine solche Gewalt über dich ausüben?
Mein Herr, lassen Sie mir mein schau¬ dervolles Geheimniß, und geben Sie mich los. Die Rache, die mich verfolgt, ist nicht des irrdischen Richters; ich gehöre einem un¬ erbittlichen Schicksale; ich kann nicht bleiben, und ich darf nicht!
In diesem Zustande, in dem ich dich sehe, werde ich dich gewiß nicht lassen.
Es ist Hochverrath an Ihnen, mein Wohlthäter, wenn ich zaudre. Ich bin sicher
W. Meisters Lehrj. 2. M
dieſer Anlaß treibt mich hinweg, rief er aus, ſchon lange mache ich mir ſtille Vorwürfe, daß ich um Sie bleibe. Ich ſollte nirgends verweilen, denn das Unglück ereilt mich und beſchädigt die, die ſich zu mir geſellen. Fürch¬ ten Sie alles, wenn Sie mich nicht entlaſſen, aber fragen Sie mich nicht, ich gehöre nicht mir zu, ich kann nicht bleiben.
Wem gehörſt du an? Wer kann eine ſolche Gewalt über dich ausüben?
Mein Herr, laſſen Sie mir mein ſchau¬ dervolles Geheimniß, und geben Sie mich los. Die Rache, die mich verfolgt, iſt nicht des irrdiſchen Richters; ich gehöre einem un¬ erbittlichen Schickſale; ich kann nicht bleiben, und ich darf nicht!
In dieſem Zuſtande, in dem ich dich ſehe, werde ich dich gewiß nicht laſſen.
Es iſt Hochverrath an Ihnen, mein Wohlthäter, wenn ich zaudre. Ich bin ſicher
W. Meiſters Lehrj. 2. M
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0185"n="177"/>
dieſer Anlaß treibt mich hinweg, rief er aus,<lb/>ſchon lange mache ich mir ſtille Vorwürfe,<lb/>
daß ich um Sie bleibe. Ich ſollte nirgends<lb/>
verweilen, denn das Unglück ereilt mich und<lb/>
beſchädigt die, die ſich zu mir geſellen. Fürch¬<lb/>
ten Sie alles, wenn Sie mich nicht entlaſſen,<lb/>
aber fragen Sie mich nicht, ich gehöre nicht<lb/>
mir zu, ich kann nicht bleiben.</p><lb/><p>Wem gehörſt du an? Wer kann eine<lb/>ſolche Gewalt über dich ausüben?</p><lb/><p>Mein Herr, laſſen Sie mir mein ſchau¬<lb/>
dervolles Geheimniß, und geben Sie mich<lb/>
los. Die Rache, die mich verfolgt, iſt nicht<lb/>
des irrdiſchen Richters; ich gehöre einem un¬<lb/>
erbittlichen Schickſale; ich kann nicht bleiben,<lb/>
und ich darf nicht!</p><lb/><p>In dieſem Zuſtande, in dem ich dich ſehe,<lb/>
werde ich dich gewiß nicht laſſen.</p><lb/><p>Es iſt Hochverrath an Ihnen, mein<lb/>
Wohlthäter, wenn ich zaudre. Ich bin ſicher<lb/><fwplace="bottom"type="sig">W. Meiſters Lehrj. 2. M<lb/></fw></p></div></div></div></body></text></TEI>
[177/0185]
dieſer Anlaß treibt mich hinweg, rief er aus,
ſchon lange mache ich mir ſtille Vorwürfe,
daß ich um Sie bleibe. Ich ſollte nirgends
verweilen, denn das Unglück ereilt mich und
beſchädigt die, die ſich zu mir geſellen. Fürch¬
ten Sie alles, wenn Sie mich nicht entlaſſen,
aber fragen Sie mich nicht, ich gehöre nicht
mir zu, ich kann nicht bleiben.
Wem gehörſt du an? Wer kann eine
ſolche Gewalt über dich ausüben?
Mein Herr, laſſen Sie mir mein ſchau¬
dervolles Geheimniß, und geben Sie mich
los. Die Rache, die mich verfolgt, iſt nicht
des irrdiſchen Richters; ich gehöre einem un¬
erbittlichen Schickſale; ich kann nicht bleiben,
und ich darf nicht!
In dieſem Zuſtande, in dem ich dich ſehe,
werde ich dich gewiß nicht laſſen.
Es iſt Hochverrath an Ihnen, mein
Wohlthäter, wenn ich zaudre. Ich bin ſicher
W. Meiſters Lehrj. 2. M
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/185>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.