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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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dieser Anlaß treibt mich hinweg, rief er aus,
schon lange mache ich mir stille Vorwürfe,
daß ich um Sie bleibe. Ich sollte nirgends
verweilen, denn das Unglück ereilt mich und
beschädigt die, die sich zu mir gesellen. Fürch¬
ten Sie alles, wenn Sie mich nicht entlassen,
aber fragen Sie mich nicht, ich gehöre nicht
mir zu, ich kann nicht bleiben.

Wem gehörst du an? Wer kann eine
solche Gewalt über dich ausüben?

Mein Herr, lassen Sie mir mein schau¬
dervolles Geheimniß, und geben Sie mich
los. Die Rache, die mich verfolgt, ist nicht
des irrdischen Richters; ich gehöre einem un¬
erbittlichen Schicksale; ich kann nicht bleiben,
und ich darf nicht!

In diesem Zustande, in dem ich dich sehe,
werde ich dich gewiß nicht lassen.

Es ist Hochverrath an Ihnen, mein
Wohlthäter, wenn ich zaudre. Ich bin sicher

W. Meisters Lehrj. 2. M

dieſer Anlaß treibt mich hinweg, rief er aus,
ſchon lange mache ich mir ſtille Vorwürfe,
daß ich um Sie bleibe. Ich ſollte nirgends
verweilen, denn das Unglück ereilt mich und
beſchädigt die, die ſich zu mir geſellen. Fürch¬
ten Sie alles, wenn Sie mich nicht entlaſſen,
aber fragen Sie mich nicht, ich gehöre nicht
mir zu, ich kann nicht bleiben.

Wem gehörſt du an? Wer kann eine
ſolche Gewalt über dich ausüben?

Mein Herr, laſſen Sie mir mein ſchau¬
dervolles Geheimniß, und geben Sie mich
los. Die Rache, die mich verfolgt, iſt nicht
des irrdiſchen Richters; ich gehöre einem un¬
erbittlichen Schickſale; ich kann nicht bleiben,
und ich darf nicht!

In dieſem Zuſtande, in dem ich dich ſehe,
werde ich dich gewiß nicht laſſen.

Es iſt Hochverrath an Ihnen, mein
Wohlthäter, wenn ich zaudre. Ich bin ſicher

W. Meiſters Lehrj. 2. M
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[177/0185] dieſer Anlaß treibt mich hinweg, rief er aus, ſchon lange mache ich mir ſtille Vorwürfe, daß ich um Sie bleibe. Ich ſollte nirgends verweilen, denn das Unglück ereilt mich und beſchädigt die, die ſich zu mir geſellen. Fürch¬ ten Sie alles, wenn Sie mich nicht entlaſſen, aber fragen Sie mich nicht, ich gehöre nicht mir zu, ich kann nicht bleiben. Wem gehörſt du an? Wer kann eine ſolche Gewalt über dich ausüben? Mein Herr, laſſen Sie mir mein ſchau¬ dervolles Geheimniß, und geben Sie mich los. Die Rache, die mich verfolgt, iſt nicht des irrdiſchen Richters; ich gehöre einem un¬ erbittlichen Schickſale; ich kann nicht bleiben, und ich darf nicht! In dieſem Zuſtande, in dem ich dich ſehe, werde ich dich gewiß nicht laſſen. Es iſt Hochverrath an Ihnen, mein Wohlthäter, wenn ich zaudre. Ich bin ſicher W. Meiſters Lehrj. 2. M

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/185>, abgerufen am 07.05.2024.