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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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rer, das: kennst du es wohl? drückte sie
geheimnißvoll und bedächtig aus, in dem:
dahin! dahin! lag eine unwiderstehliche
Sehnsucht, und ihr: Laß uns ziehn!
wußte sie, bey jeder Wiederholung, derge¬
stalt zu modifiziren, daß es bald bittend und
dringend, bald treibend und vielversprechend
war.

Nachdem sie das Lied zum zweytenmal
geendigt hatte, hielt sie einen Augenblick
inne, sah Wilhelmen scharf an und fragte:
kennst du das Land? -- Es muß wohl Ita¬
lien gemeynt seyn, versetzte Wilhelm, woher
hast du das Liedchen? -- Italien? sagte
Mignon bedeutend: gehst du nach Italien,
so nimm mich mit, es friert mich hier. --
Bist du schon dort gewesen, liebe Kleine?
fragte Wilhelm. -- Das Kind war still und
nichts weiter aus ihm zu bringen.

Melina, der hereinkam, besah die Zitter

rer, das: kennſt du es wohl? drückte ſie
geheimnißvoll und bedächtig aus, in dem:
dahin! dahin! lag eine unwiderſtehliche
Sehnſucht, und ihr: Laß uns ziehn!
wußte ſie, bey jeder Wiederholung, derge¬
ſtalt zu modifiziren, daß es bald bittend und
dringend, bald treibend und vielverſprechend
war.

Nachdem ſie das Lied zum zweytenmal
geendigt hatte, hielt ſie einen Augenblick
inne, ſah Wilhelmen ſcharf an und fragte:
kennſt du das Land? — Es muß wohl Ita¬
lien gemeynt ſeyn, verſetzte Wilhelm, woher
haſt du das Liedchen? — Italien? ſagte
Mignon bedeutend: gehſt du nach Italien,
ſo nimm mich mit, es friert mich hier. —
Biſt du ſchon dort geweſen, liebe Kleine?
fragte Wilhelm. — Das Kind war ſtill und
nichts weiter aus ihm zu bringen.

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[10/0018] rer, das: kennſt du es wohl? drückte ſie geheimnißvoll und bedächtig aus, in dem: dahin! dahin! lag eine unwiderſtehliche Sehnſucht, und ihr: Laß uns ziehn! wußte ſie, bey jeder Wiederholung, derge¬ ſtalt zu modifiziren, daß es bald bittend und dringend, bald treibend und vielverſprechend war. Nachdem ſie das Lied zum zweytenmal geendigt hatte, hielt ſie einen Augenblick inne, ſah Wilhelmen ſcharf an und fragte: kennſt du das Land? — Es muß wohl Ita¬ lien gemeynt ſeyn, verſetzte Wilhelm, woher haſt du das Liedchen? — Italien? ſagte Mignon bedeutend: gehſt du nach Italien, ſo nimm mich mit, es friert mich hier. — Biſt du ſchon dort geweſen, liebe Kleine? fragte Wilhelm. — Das Kind war ſtill und nichts weiter aus ihm zu bringen. Melina, der hereinkam, beſah die Zitter

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 2. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre02_1795/18>, abgerufen am 18.04.2024.