Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

te an einander, stellte die Wände darauf,
machte eine hintere Aussicht von grünen Vor¬
hängen, die Bäume wurden auch gleich mit
in die Reihe gestellt.

Indessen war es Abend geworden, man
hatte die Lichter angezündet, die Mägde und
Kinder saßen auf ihren Plätzen, das Stück
sollte angehn, die ganze Heldenschaar war
angezogen; nun spürte aber jeder zum er¬
stenmal, daß er nicht wisse, was er zu sagen
habe. In der Hitze der Erfindung, da ich
ganz von meinem Gegenstande durchdrungen
war, hatte ich vergessen, daß doch jeder wis¬
sen müsse, was und wo er es zu sagen habe;
und in der Lebhaftigkeit der Ausführung
war es den übrigen auch nicht beygefallen:
sie glaubten sie würden sich leicht als Helden
darstellen, leicht so handeln und reden kön¬
nen, wie die Personen, in deren Welt ich sie
versetzt hatte. Sie standen alle erstaunt,

te an einander, ſtellte die Wände darauf,
machte eine hintere Ausſicht von grünen Vor¬
hängen, die Bäume wurden auch gleich mit
in die Reihe geſtellt.

Indeſſen war es Abend geworden, man
hatte die Lichter angezündet, die Mägde und
Kinder ſaßen auf ihren Plätzen, das Stück
ſollte angehn, die ganze Heldenſchaar war
angezogen; nun ſpürte aber jeder zum er¬
ſtenmal, daß er nicht wiſſe, was er zu ſagen
habe. In der Hitze der Erfindung, da ich
ganz von meinem Gegenſtande durchdrungen
war, hatte ich vergeſſen, daß doch jeder wiſ¬
ſen müſſe, was und wo er es zu ſagen habe;
und in der Lebhaftigkeit der Ausführung
war es den übrigen auch nicht beygefallen:
ſie glaubten ſie würden ſich leicht als Helden
darſtellen, leicht ſo handeln und reden kön¬
nen, wie die Perſonen, in deren Welt ich ſie
verſetzt hatte. Sie ſtanden alle erſtaunt,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0066" n="58"/>
te an einander, &#x017F;tellte die Wände darauf,<lb/>
machte eine hintere Aus&#x017F;icht von grünen Vor¬<lb/>
hängen, die Bäume wurden auch gleich mit<lb/>
in die Reihe ge&#x017F;tellt.</p><lb/>
            <p>Inde&#x017F;&#x017F;en war es Abend geworden, man<lb/>
hatte die Lichter angezündet, die Mägde und<lb/>
Kinder &#x017F;aßen auf ihren Plätzen, das Stück<lb/>
&#x017F;ollte angehn, die ganze Helden&#x017F;chaar war<lb/>
angezogen; nun &#x017F;pürte aber jeder zum er¬<lb/>
&#x017F;tenmal, daß er nicht wi&#x017F;&#x017F;e, was er zu &#x017F;agen<lb/>
habe. In der Hitze der Erfindung, da ich<lb/>
ganz von meinem Gegen&#x017F;tande durchdrungen<lb/>
war, hatte ich verge&#x017F;&#x017F;en, daß doch jeder wi&#x017F;¬<lb/>
&#x017F;en mü&#x017F;&#x017F;e, was und wo er es zu &#x017F;agen habe;<lb/>
und in der Lebhaftigkeit der Ausführung<lb/>
war es den übrigen auch nicht beygefallen:<lb/>
&#x017F;ie glaubten &#x017F;ie würden &#x017F;ich leicht als Helden<lb/>
dar&#x017F;tellen, leicht &#x017F;o handeln und reden kön¬<lb/>
nen, wie die Per&#x017F;onen, in deren Welt ich &#x017F;ie<lb/>
ver&#x017F;etzt hatte. Sie &#x017F;tanden alle er&#x017F;taunt,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[58/0066] te an einander, ſtellte die Wände darauf, machte eine hintere Ausſicht von grünen Vor¬ hängen, die Bäume wurden auch gleich mit in die Reihe geſtellt. Indeſſen war es Abend geworden, man hatte die Lichter angezündet, die Mägde und Kinder ſaßen auf ihren Plätzen, das Stück ſollte angehn, die ganze Heldenſchaar war angezogen; nun ſpürte aber jeder zum er¬ ſtenmal, daß er nicht wiſſe, was er zu ſagen habe. In der Hitze der Erfindung, da ich ganz von meinem Gegenſtande durchdrungen war, hatte ich vergeſſen, daß doch jeder wiſ¬ ſen müſſe, was und wo er es zu ſagen habe; und in der Lebhaftigkeit der Ausführung war es den übrigen auch nicht beygefallen: ſie glaubten ſie würden ſich leicht als Helden darſtellen, leicht ſo handeln und reden kön¬ nen, wie die Perſonen, in deren Welt ich ſie verſetzt hatte. Sie ſtanden alle erſtaunt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/66
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/66>, abgerufen am 09.05.2024.