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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

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aber bedenke, daß es gleichsam so seyn mu߬
te, um eine Liebhaberey, um ein Talent in
mir zu entwickeln, die weit mehr auf mein
Leben wirken sollten, als jene leblosen Bil¬
der je gethan hätten; so bescheide ich mich
denn gern, und verehre das Schicksal das
mein Bestes und eines jeden Bestes einzulei¬
ten weiß.

Leider höre ich schon wieder das Wort
Schicksal von einem jungen Manne ausspre¬
chen, der sich eben in einem Alter befindet,
wo man gewöhnlich seinen lebhaften Neigun¬
gen den Willen höherer Wesen unterzuschie¬
ben pflegt.

So glauben Sie kein Schicksal? Keine
Macht, die über uns waltet, und alles zu
unserm Besten lenkt?

Es ist hier die Rede nicht von meinem
Glauben, noch der Ort auszulegen, wie ich
mir Dinge, die uns allen unbegreiflich sind,

aber bedenke, daß es gleichſam ſo ſeyn mu߬
te, um eine Liebhaberey, um ein Talent in
mir zu entwickeln, die weit mehr auf mein
Leben wirken ſollten, als jene lebloſen Bil¬
der je gethan hätten; ſo beſcheide ich mich
denn gern, und verehre das Schickſal das
mein Beſtes und eines jeden Beſtes einzulei¬
ten weiß.

Leider höre ich ſchon wieder das Wort
Schickſal von einem jungen Manne ausſpre¬
chen, der ſich eben in einem Alter befindet,
wo man gewöhnlich ſeinen lebhaften Neigun¬
gen den Willen höherer Weſen unterzuſchie¬
ben pflegt.

So glauben Sie kein Schickſal? Keine
Macht, die über uns waltet, und alles zu
unſerm Beſten lenkt?

Es iſt hier die Rede nicht von meinem
Glauben, noch der Ort auszulegen, wie ich
mir Dinge, die uns allen unbegreiflich ſind,

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[171/0179] aber bedenke, daß es gleichſam ſo ſeyn mu߬ te, um eine Liebhaberey, um ein Talent in mir zu entwickeln, die weit mehr auf mein Leben wirken ſollten, als jene lebloſen Bil¬ der je gethan hätten; ſo beſcheide ich mich denn gern, und verehre das Schickſal das mein Beſtes und eines jeden Beſtes einzulei¬ ten weiß. Leider höre ich ſchon wieder das Wort Schickſal von einem jungen Manne ausſpre¬ chen, der ſich eben in einem Alter befindet, wo man gewöhnlich ſeinen lebhaften Neigun¬ gen den Willen höherer Weſen unterzuſchie¬ ben pflegt. So glauben Sie kein Schickſal? Keine Macht, die über uns waltet, und alles zu unſerm Beſten lenkt? Es iſt hier die Rede nicht von meinem Glauben, noch der Ort auszulegen, wie ich mir Dinge, die uns allen unbegreiflich ſind,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/179>, abgerufen am 08.05.2024.