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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

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re erwärmen und beleben sollte, in seinem
Busen verbergen muß, so daß sein Innerstes
unter ungeheuren Schmerzen verzehrt wird.
Wie bedaure ich die Unglückliche, die sich
einem andern widmen soll, wenn ihr Herz
schon den würdigen Gegenstand eines wah¬
ren und reinen Verlangens gefunden hat.

Diese Gefühle sind freylich sehr weit von
jenen Betrachtungen entfernt, unter denen
ein Kunstliebhaber die Werke großer Meister
anzusehen pflegt; wahrscheinlich würde Ihnen
aber, wenn das Cabinet ein Eigenthum Ih¬
res Hauses geblieben wäre, nach und nach
der Sinn für die Werke selbst aufgegangen
seyn, so daß Sie nicht immer nur sich selbst
und Ihre Neigung in den Kunstwerken gese¬
hen hätten.

Gewiß that mir der Verkauf des Cabi¬
nettes gleich sehr leid, und ich habe es auch
in reifern Jahren öfters vermißt; wenn ich

re erwärmen und beleben ſollte, in ſeinem
Buſen verbergen muß, ſo daß ſein Innerſtes
unter ungeheuren Schmerzen verzehrt wird.
Wie bedaure ich die Unglückliche, die ſich
einem andern widmen ſoll, wenn ihr Herz
ſchon den würdigen Gegenſtand eines wah¬
ren und reinen Verlangens gefunden hat.

Dieſe Gefühle ſind freylich ſehr weit von
jenen Betrachtungen entfernt, unter denen
ein Kunſtliebhaber die Werke großer Meiſter
anzuſehen pflegt; wahrſcheinlich würde Ihnen
aber, wenn das Cabinet ein Eigenthum Ih¬
res Hauſes geblieben wäre, nach und nach
der Sinn für die Werke ſelbſt aufgegangen
ſeyn, ſo daß Sie nicht immer nur ſich ſelbſt
und Ihre Neigung in den Kunſtwerken geſe¬
hen hätten.

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nettes gleich ſehr leid, und ich habe es auch
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[170/0178] re erwärmen und beleben ſollte, in ſeinem Buſen verbergen muß, ſo daß ſein Innerſtes unter ungeheuren Schmerzen verzehrt wird. Wie bedaure ich die Unglückliche, die ſich einem andern widmen ſoll, wenn ihr Herz ſchon den würdigen Gegenſtand eines wah¬ ren und reinen Verlangens gefunden hat. Dieſe Gefühle ſind freylich ſehr weit von jenen Betrachtungen entfernt, unter denen ein Kunſtliebhaber die Werke großer Meiſter anzuſehen pflegt; wahrſcheinlich würde Ihnen aber, wenn das Cabinet ein Eigenthum Ih¬ res Hauſes geblieben wäre, nach und nach der Sinn für die Werke ſelbſt aufgegangen ſeyn, ſo daß Sie nicht immer nur ſich ſelbſt und Ihre Neigung in den Kunſtwerken geſe¬ hen hätten. Gewiß that mir der Verkauf des Cabi¬ nettes gleich ſehr leid, und ich habe es auch in reifern Jahren öfters vermißt; wenn ich

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/178>, abgerufen am 24.11.2024.