drin; ich wünsche Dir zu zeigen, daß ich Dir gerne etwas zu Liebe thue. Sie drückte mir die Hand, und als ich sie dagegen eifrig küßte, sagte sie: Du mußt nicht aus der Rolle fallen! Zärtlich zu seyn, meynen die Leute, schicke sich nicht für Ehegatten. -- Laß sie meynen, ver¬ setzte ich, wir wollen es auf unsere Weise halten.
Ehe ich, freilich durch einen großen Um¬ weg, nach Hause kam, war das Stück schon ziemlich heran gedacht; damit dieß aber nicht gar zu großsprecherisch scheine, so will ich ge¬ stehen, daß schon beym ersten und zweyten Le¬ sen, der Gegenstand mir dramatisch ja thea¬ tralisch vorgekommen, aber ohne eine solche Anregung wäre das Stück, wie so viele ande¬ re, auch bloß unter den möglichen Geburten geblieben. Wie ich dabey verfahren, ist be¬ kannt genug. Der Bösewichter müde, die aus Rache, Haß oder kleinlichen Absichten sich ei¬
drin; ich wuͤnſche Dir zu zeigen, daß ich Dir gerne etwas zu Liebe thue. Sie druͤckte mir die Hand, und als ich ſie dagegen eifrig kuͤßte, ſagte ſie: Du mußt nicht aus der Rolle fallen! Zaͤrtlich zu ſeyn, meynen die Leute, ſchicke ſich nicht fuͤr Ehegatten. — Laß ſie meynen, ver¬ ſetzte ich, wir wollen es auf unſere Weiſe halten.
Ehe ich, freilich durch einen großen Um¬ weg, nach Hauſe kam, war das Stuͤck ſchon ziemlich heran gedacht; damit dieß aber nicht gar zu großſprecheriſch ſcheine, ſo will ich ge¬ ſtehen, daß ſchon beym erſten und zweyten Le¬ ſen, der Gegenſtand mir dramatiſch ja thea¬ traliſch vorgekommen, aber ohne eine ſolche Anregung waͤre das Stuͤck, wie ſo viele ande¬ re, auch bloß unter den moͤglichen Geburten geblieben. Wie ich dabey verfahren, iſt be¬ kannt genug. Der Boͤſewichter muͤde, die aus Rache, Haß oder kleinlichen Abſichten ſich ei¬
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[532/0540]
drin; ich wuͤnſche Dir zu zeigen, daß ich Dir
gerne etwas zu Liebe thue. Sie druͤckte mir
die Hand, und als ich ſie dagegen eifrig kuͤßte,
ſagte ſie: Du mußt nicht aus der Rolle fallen!
Zaͤrtlich zu ſeyn, meynen die Leute, ſchicke ſich
nicht fuͤr Ehegatten. — Laß ſie meynen, ver¬
ſetzte ich, wir wollen es auf unſere Weiſe
halten.
Ehe ich, freilich durch einen großen Um¬
weg, nach Hauſe kam, war das Stuͤck ſchon
ziemlich heran gedacht; damit dieß aber nicht
gar zu großſprecheriſch ſcheine, ſo will ich ge¬
ſtehen, daß ſchon beym erſten und zweyten Le¬
ſen, der Gegenſtand mir dramatiſch ja thea¬
traliſch vorgekommen, aber ohne eine ſolche
Anregung waͤre das Stuͤck, wie ſo viele ande¬
re, auch bloß unter den moͤglichen Geburten
geblieben. Wie ich dabey verfahren, iſt be¬
kannt genug. Der Boͤſewichter muͤde, die aus
Rache, Haß oder kleinlichen Abſichten ſich ei¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 532. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/540>, abgerufen am 24.11.2024.
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