fühlend, griff ich wieder zu Sprache und Rhythmus, die mir besser zu Gebote stan¬ den. Wie munter, froh und rasch ich dabey zu Werke ging, davon zeugen manche Ge¬ dichte, welche die Kunstnatur und die Na¬ turkunst enthusiastisch verkündend, im Augen¬ blicke des Entstehens sowohl mir als meinen Freunden immer neuen Muth beförderten.
Als ich nun einst in dieser Epoche und so beschäftigt, bey gesperrtem Lichte in mei¬ nem Zimmer saß, dem wenigstens der Schein einer Künstlerwerkstatt hierdurch verliehen war, überdieß auch die Wände mit halbfertigen Arbeiten besteckt und behangen das Vorur¬ theil einer großen Thätigkeit gaben; so trat ein wohlgebildeter schlanker Mann bey mir ein, den ich zuerst in der Halbdämmerung für Fritz Jacobi hielt, bald aber meinen Irrthum erkennend als einen Fremden be¬ grüßte. An seinem freyen anständigen Be¬ tragen war eine gewisse militairische Haltung
III. 31
fuͤhlend, griff ich wieder zu Sprache und Rhythmus, die mir beſſer zu Gebote ſtan¬ den. Wie munter, froh und raſch ich dabey zu Werke ging, davon zeugen manche Ge¬ dichte, welche die Kunſtnatur und die Na¬ turkunſt enthuſiaſtiſch verkuͤndend, im Augen¬ blicke des Entſtehens ſowohl mir als meinen Freunden immer neuen Muth befoͤrderten.
Als ich nun einſt in dieſer Epoche und ſo beſchaͤftigt, bey geſperrtem Lichte in mei¬ nem Zimmer ſaß, dem wenigſtens der Schein einer Kuͤnſtlerwerkſtatt hierdurch verliehen war, uͤberdieß auch die Waͤnde mit halbfertigen Arbeiten beſteckt und behangen das Vorur¬ theil einer großen Thaͤtigkeit gaben; ſo trat ein wohlgebildeter ſchlanker Mann bey mir ein, den ich zuerſt in der Halbdaͤmmerung fuͤr Fritz Jacobi hielt, bald aber meinen Irrthum erkennend als einen Fremden be¬ gruͤßte. An ſeinem freyen anſtaͤndigen Be¬ tragen war eine gewiſſe militairiſche Haltung
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fuͤhlend, griff ich wieder zu Sprache und
Rhythmus, die mir beſſer zu Gebote ſtan¬
den. Wie munter, froh und raſch ich dabey
zu Werke ging, davon zeugen manche Ge¬
dichte, welche die Kunſtnatur und die Na¬
turkunſt enthuſiaſtiſch verkuͤndend, im Augen¬
blicke des Entſtehens ſowohl mir als meinen
Freunden immer neuen Muth befoͤrderten.
Als ich nun einſt in dieſer Epoche und
ſo beſchaͤftigt, bey geſperrtem Lichte in mei¬
nem Zimmer ſaß, dem wenigſtens der Schein
einer Kuͤnſtlerwerkſtatt hierdurch verliehen war,
uͤberdieß auch die Waͤnde mit halbfertigen
Arbeiten beſteckt und behangen das Vorur¬
theil einer großen Thaͤtigkeit gaben; ſo trat
ein wohlgebildeter ſchlanker Mann bey mir
ein, den ich zuerſt in der Halbdaͤmmerung
fuͤr Fritz Jacobi hielt, bald aber meinen
Irrthum erkennend als einen Fremden be¬
gruͤßte. An ſeinem freyen anſtaͤndigen Be¬
tragen war eine gewiſſe militairiſche Haltung
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/489>, abgerufen am 23.11.2024.
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