lung angeregt wird, so war die Theilnahme junger Männer an meinen Stücken meistens stoffartig. Sie glaubten daran ein Panier zu sehn, unter dessen Vorschritt alles was in der Jugend Wildes und Ungeschlachtes lebt, sich wohl Raum machen dürfte, und gerade die besten Köpfe, in denen schon vorläufig et¬ was ähnliches spukte, wurden davon hinge¬ rissen. Ich besitze noch von dem trefflichen und in manchem Betracht einzigen Bürger einen Brief, ich weiß nicht an wen, der als wichtiger Beleg dessen gelten kann, was jene Erscheinung damals gewirkt und aufgeregt hat. Von der Gegenseite tadelten mich ge¬ setzte Männer, daß ich das Faustrecht mit zu günstigen Farben geschildert habe, ja sie legten mir die Absicht unter, daß ich jene unregelmäßigen Zeiten wieder einzuführen ge¬ dächte. Noch andere hielten mich für einen grundgelehrten Mann, und verlangten, ich sollte die Originalerzählung des guten Goetz neu mit Noten herausgeben; wozu ich mich
lung angeregt wird, ſo war die Theilnahme junger Maͤnner an meinen Stuͤcken meiſtens ſtoffartig. Sie glaubten daran ein Panier zu ſehn, unter deſſen Vorſchritt alles was in der Jugend Wildes und Ungeſchlachtes lebt, ſich wohl Raum machen duͤrfte, und gerade die beſten Koͤpfe, in denen ſchon vorlaͤufig et¬ was aͤhnliches ſpukte, wurden davon hinge¬ riſſen. Ich beſitze noch von dem trefflichen und in manchem Betracht einzigen Buͤrger einen Brief, ich weiß nicht an wen, der als wichtiger Beleg deſſen gelten kann, was jene Erſcheinung damals gewirkt und aufgeregt hat. Von der Gegenſeite tadelten mich ge¬ ſetzte Maͤnner, daß ich das Fauſtrecht mit zu guͤnſtigen Farben geſchildert habe, ja ſie legten mir die Abſicht unter, daß ich jene unregelmaͤßigen Zeiten wieder einzufuͤhren ge¬ daͤchte. Noch andere hielten mich fuͤr einen grundgelehrten Mann, und verlangten, ich ſollte die Originalerzaͤhlung des guten Goetz neu mit Noten herausgeben; wozu ich mich
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0321"n="313"/>
lung angeregt wird, ſo war die Theilnahme<lb/>
junger Maͤnner an meinen Stuͤcken meiſtens<lb/>ſtoffartig. Sie glaubten daran ein Panier<lb/>
zu ſehn, unter deſſen Vorſchritt alles was in<lb/>
der Jugend Wildes und Ungeſchlachtes lebt,<lb/>ſich wohl Raum machen duͤrfte, und gerade<lb/>
die beſten Koͤpfe, in denen ſchon vorlaͤufig et¬<lb/>
was aͤhnliches ſpukte, wurden davon hinge¬<lb/>
riſſen. Ich beſitze noch von dem trefflichen<lb/>
und in manchem Betracht einzigen <hirendition="#g">Buͤrger</hi><lb/>
einen Brief, ich weiß nicht an wen, der als<lb/>
wichtiger Beleg deſſen gelten kann, was jene<lb/>
Erſcheinung damals gewirkt und aufgeregt<lb/>
hat. Von der Gegenſeite tadelten mich ge¬<lb/>ſetzte Maͤnner, daß ich das Fauſtrecht mit<lb/>
zu guͤnſtigen Farben geſchildert habe, ja ſie<lb/>
legten mir die Abſicht unter, daß ich jene<lb/>
unregelmaͤßigen Zeiten wieder einzufuͤhren ge¬<lb/>
daͤchte. Noch andere hielten mich fuͤr einen<lb/>
grundgelehrten Mann, und verlangten, ich<lb/>ſollte die Originalerzaͤhlung des guten Goetz<lb/>
neu mit Noten herausgeben; wozu ich mich<lb/></p></div></body></text></TEI>
[313/0321]
lung angeregt wird, ſo war die Theilnahme
junger Maͤnner an meinen Stuͤcken meiſtens
ſtoffartig. Sie glaubten daran ein Panier
zu ſehn, unter deſſen Vorſchritt alles was in
der Jugend Wildes und Ungeſchlachtes lebt,
ſich wohl Raum machen duͤrfte, und gerade
die beſten Koͤpfe, in denen ſchon vorlaͤufig et¬
was aͤhnliches ſpukte, wurden davon hinge¬
riſſen. Ich beſitze noch von dem trefflichen
und in manchem Betracht einzigen Buͤrger
einen Brief, ich weiß nicht an wen, der als
wichtiger Beleg deſſen gelten kann, was jene
Erſcheinung damals gewirkt und aufgeregt
hat. Von der Gegenſeite tadelten mich ge¬
ſetzte Maͤnner, daß ich das Fauſtrecht mit
zu guͤnſtigen Farben geſchildert habe, ja ſie
legten mir die Abſicht unter, daß ich jene
unregelmaͤßigen Zeiten wieder einzufuͤhren ge¬
daͤchte. Noch andere hielten mich fuͤr einen
grundgelehrten Mann, und verlangten, ich
ſollte die Originalerzaͤhlung des guten Goetz
neu mit Noten herausgeben; wozu ich mich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/321>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.