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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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Risse nicht wieder erhalten könne, um darü¬
ber nachzudenken und eine und die andere
Verbesserung zu überlegen. Ich erwiederte
darauf, es sey leicht sie zu ersetzen, und erbot
mich zur Fertigung eines Grundrisses, auf
welchen doch vorerst alles ankomme. Er
war es wohl zufrieden, und bey der nöthi¬
gen Ausmessung sollte der Schulmeister an
Hand gehen, welchen aufzuregen er denn
auch sogleich forteilte, damit ja der Fuß-
und Zollstab morgen früh bereit wäre.

Als er hinweggegangen war, sagte Frie¬
drike: Sie sind recht gut, die schwache
Seite des lieben Vaters zu hegen und nicht,
wie die andern, die dieses Gespräch schon über¬
drüssig sind, ihn zu meiden oder davon ab¬
zubrechen. Freylich muß ich Ihnen bekennen,
daß wir übrigen den Bau nicht wünschen; er
würde der Gemeine zu hoch zu stehn kommen
und uns auch. Neues Haus, neues Hausge¬

Riſſe nicht wieder erhalten koͤnne, um daruͤ¬
ber nachzudenken und eine und die andere
Verbeſſerung zu uͤberlegen. Ich erwiederte
darauf, es ſey leicht ſie zu erſetzen, und erbot
mich zur Fertigung eines Grundriſſes, auf
welchen doch vorerſt alles ankomme. Er
war es wohl zufrieden, und bey der noͤthi¬
gen Ausmeſſung ſollte der Schulmeiſter an
Hand gehen, welchen aufzuregen er denn
auch ſogleich forteilte, damit ja der Fuß-
und Zollſtab morgen fruͤh bereit waͤre.

Als er hinweggegangen war, ſagte Frie¬
drike: Sie ſind recht gut, die ſchwache
Seite des lieben Vaters zu hegen und nicht,
wie die andern, die dieſes Geſpraͤch ſchon uͤber¬
druͤſſig ſind, ihn zu meiden oder davon ab¬
zubrechen. Freylich muß ich Ihnen bekennen,
daß wir uͤbrigen den Bau nicht wuͤnſchen; er
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[22/0030] Riſſe nicht wieder erhalten koͤnne, um daruͤ¬ ber nachzudenken und eine und die andere Verbeſſerung zu uͤberlegen. Ich erwiederte darauf, es ſey leicht ſie zu erſetzen, und erbot mich zur Fertigung eines Grundriſſes, auf welchen doch vorerſt alles ankomme. Er war es wohl zufrieden, und bey der noͤthi¬ gen Ausmeſſung ſollte der Schulmeiſter an Hand gehen, welchen aufzuregen er denn auch ſogleich forteilte, damit ja der Fuß- und Zollſtab morgen fruͤh bereit waͤre. Als er hinweggegangen war, ſagte Frie¬ drike: Sie ſind recht gut, die ſchwache Seite des lieben Vaters zu hegen und nicht, wie die andern, die dieſes Geſpraͤch ſchon uͤber¬ druͤſſig ſind, ihn zu meiden oder davon ab¬ zubrechen. Freylich muß ich Ihnen bekennen, daß wir uͤbrigen den Bau nicht wuͤnſchen; er wuͤrde der Gemeine zu hoch zu ſtehn kommen und uns auch. Neues Haus, neues Hausge¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/30>, abgerufen am 29.03.2024.