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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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räthe! Unsern Gästen würde es bey uns nicht
wohler seyn, sie sind nun einmal das alte Ge¬
bäude gewohnt. Hier können wir sie reichlich
bewirthen, dort fänden wir uns in einem wei¬
tern Raume beengt. So steht die Sache;
aber unterlassen Sie nicht, gefällig zu seyn,
ich danke es Ihnen von Herzen.

Ein anderes Frauenzimmer, das sich zu
uns gesellte, fragte nach einigen Romanen,
ob Friedrike solche gelesen habe. Sie ver¬
neinte es: denn sie hatte überhaupt wenig
gelesen; sie war in einem heitern sittlichen
Lebensgenuß aufgewachsen und dem gemäß ge¬
bildet. Ich hatte den Wakefield auf der
Zunge, allein ich wagte nicht, ihr ihn an¬
zubieten; die Aehnlichkeit der Zustände war
zu auffallend und zu bedeutend. -- Ich lese
sehr gern Romane, sagte sie; man findet
darin so hübsche Leute, denen man wohl
ähnlich sehen möchte.

raͤthe! Unſern Gaͤſten wuͤrde es bey uns nicht
wohler ſeyn, ſie ſind nun einmal das alte Ge¬
baͤude gewohnt. Hier koͤnnen wir ſie reichlich
bewirthen, dort faͤnden wir uns in einem wei¬
tern Raume beengt. So ſteht die Sache;
aber unterlaſſen Sie nicht, gefaͤllig zu ſeyn,
ich danke es Ihnen von Herzen.

Ein anderes Frauenzimmer, das ſich zu
uns geſellte, fragte nach einigen Romanen,
ob Friedrike ſolche geleſen habe. Sie ver¬
neinte es: denn ſie hatte uͤberhaupt wenig
geleſen; ſie war in einem heitern ſittlichen
Lebensgenuß aufgewachſen und dem gemaͤß ge¬
bildet. Ich hatte den Wakefield auf der
Zunge, allein ich wagte nicht, ihr ihn an¬
zubieten; die Aehnlichkeit der Zuſtaͤnde war
zu auffallend und zu bedeutend. — Ich leſe
ſehr gern Romane, ſagte ſie; man findet
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[23/0031] raͤthe! Unſern Gaͤſten wuͤrde es bey uns nicht wohler ſeyn, ſie ſind nun einmal das alte Ge¬ baͤude gewohnt. Hier koͤnnen wir ſie reichlich bewirthen, dort faͤnden wir uns in einem wei¬ tern Raume beengt. So ſteht die Sache; aber unterlaſſen Sie nicht, gefaͤllig zu ſeyn, ich danke es Ihnen von Herzen. Ein anderes Frauenzimmer, das ſich zu uns geſellte, fragte nach einigen Romanen, ob Friedrike ſolche geleſen habe. Sie ver¬ neinte es: denn ſie hatte uͤberhaupt wenig geleſen; ſie war in einem heitern ſittlichen Lebensgenuß aufgewachſen und dem gemaͤß ge¬ bildet. Ich hatte den Wakefield auf der Zunge, allein ich wagte nicht, ihr ihn an¬ zubieten; die Aehnlichkeit der Zuſtaͤnde war zu auffallend und zu bedeutend. — Ich leſe ſehr gern Romane, ſagte ſie; man findet darin ſo huͤbſche Leute, denen man wohl aͤhnlich ſehen moͤchte.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/31>, abgerufen am 03.12.2024.