trauliche Mittheilung über so mancherley Din¬ ge, dergestalt, daß Merk einen großen Ein¬ fluß über mich gewann, und ich ihm als ein guter Gesell zu einem behaglichen Daseyn un¬ entbehrlich ward. Mein durch die Natur ge¬ schärfter Blick warf sich wieder auf die Kunst¬ beschauung, wozu mir die schönen Frankfurter Sammlungen an Gemälden und Kupferstichen die beste Gelegenheit gaben, und ich bin der Neigung der Herren Etling, Ehrenreich, besonders aber dem braven Nothnagel sehr viel schuldig geworden. Die Natur in der Kunst zu sehen, ward bey mir zu einer Lei¬ denschaft, die in ihren höchsten Augenblicken andern, selbst passionirten Liebhabern fast wie Wahnsinn erscheinen mußte; und wie konnte eine solche Neigung besser gehegt werden, als durch eine fortdauernde Betrachtung der treff¬ lichen Werke der Niederländer. Damit ich mich aber auch mit diesen Dingen werkthätig bekannt machen möchte, räumte mir Noth¬ nagel ein Cabinett ein, wo ich alles fand,
trauliche Mittheilung uͤber ſo mancherley Din¬ ge, dergeſtalt, daß Merk einen großen Ein¬ fluß uͤber mich gewann, und ich ihm als ein guter Geſell zu einem behaglichen Daſeyn un¬ entbehrlich ward. Mein durch die Natur ge¬ ſchaͤrfter Blick warf ſich wieder auf die Kunſt¬ beſchauung, wozu mir die ſchoͤnen Frankfurter Sammlungen an Gemaͤlden und Kupferſtichen die beſte Gelegenheit gaben, und ich bin der Neigung der Herren Etling, Ehrenreich, beſonders aber dem braven Nothnagel ſehr viel ſchuldig geworden. Die Natur in der Kunſt zu ſehen, ward bey mir zu einer Lei¬ denſchaft, die in ihren hoͤchſten Augenblicken andern, ſelbſt paſſionirten Liebhabern faſt wie Wahnſinn erſcheinen mußte; und wie konnte eine ſolche Neigung beſſer gehegt werden, als durch eine fortdauernde Betrachtung der treff¬ lichen Werke der Niederlaͤnder. Damit ich mich aber auch mit dieſen Dingen werkthaͤtig bekannt machen moͤchte, raͤumte mir Noth¬ nagel ein Cabinett ein, wo ich alles fand,
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trauliche Mittheilung uͤber ſo mancherley Din¬
ge, dergeſtalt, daß Merk einen großen Ein¬
fluß uͤber mich gewann, und ich ihm als ein
guter Geſell zu einem behaglichen Daſeyn un¬
entbehrlich ward. Mein durch die Natur ge¬
ſchaͤrfter Blick warf ſich wieder auf die Kunſt¬
beſchauung, wozu mir die ſchoͤnen Frankfurter
Sammlungen an Gemaͤlden und Kupferſtichen
die beſte Gelegenheit gaben, und ich bin der
Neigung der Herren Etling, Ehrenreich,
beſonders aber dem braven Nothnagel ſehr
viel ſchuldig geworden. Die Natur in der
Kunſt zu ſehen, ward bey mir zu einer Lei¬
denſchaft, die in ihren hoͤchſten Augenblicken
andern, ſelbſt paſſionirten Liebhabern faſt wie
Wahnſinn erſcheinen mußte; und wie konnte
eine ſolche Neigung beſſer gehegt werden, als
durch eine fortdauernde Betrachtung der treff¬
lichen Werke der Niederlaͤnder. Damit ich
mich aber auch mit dieſen Dingen werkthaͤtig
bekannt machen moͤchte, raͤumte mir Noth¬
nagel ein Cabinett ein, wo ich alles fand,
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/294>, abgerufen am 24.11.2024.
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