tigsten, sich gehörig und gefällig auszudrücken. In demselben Falle nun war der gute Jung. Unter wenigen, wenn auch nicht gerade Gleichgesinnten, doch solchen, die sich seiner Denkweise nicht abgeneigt erklärten, fand man ihn nicht allein redselig, sondern beredt; besonders erzählte er seine Lebensgeschichte auf das anmuthigste, und wußte dem Zuhö¬ rer alle Zustände deutlich und lebendig zu vergegenwärtigen. Ich trieb ihn, solche auf¬ zuschreiben, und er versprach's. Weil er aber in seiner Art sich zu äußern einem Nachtwandler glich, den man nicht anrufen darf, wenn er nicht von seiner Höhe herab¬ fallen, einem sanften Strom, dem man nichts entgegenstellen darf, wenn er nicht brausen soll; so mußte er sich in größerer Gesellschaft oft unbehaglich fühlen. Sein Glaube duldete keinen Zweifel und seine Ueber¬ zeugung keinen Spott. Und wenn er in freundlicher Mittheilung unerschöpflich war; so stockte gleich alles bey ihm, wenn er Wi¬
tigſten, ſich gehoͤrig und gefaͤllig auszudruͤcken. In demſelben Falle nun war der gute Jung. Unter wenigen, wenn auch nicht gerade Gleichgeſinnten, doch ſolchen, die ſich ſeiner Denkweiſe nicht abgeneigt erklaͤrten, fand man ihn nicht allein redſelig, ſondern beredt; beſonders erzaͤhlte er ſeine Lebensgeſchichte auf das anmuthigſte, und wußte dem Zuhoͤ¬ rer alle Zuſtaͤnde deutlich und lebendig zu vergegenwaͤrtigen. Ich trieb ihn, ſolche auf¬ zuſchreiben, und er verſprach's. Weil er aber in ſeiner Art ſich zu aͤußern einem Nachtwandler glich, den man nicht anrufen darf, wenn er nicht von ſeiner Hoͤhe herab¬ fallen, einem ſanften Strom, dem man nichts entgegenſtellen darf, wenn er nicht brauſen ſoll; ſo mußte er ſich in groͤßerer Geſellſchaft oft unbehaglich fuͤhlen. Sein Glaube duldete keinen Zweifel und ſeine Ueber¬ zeugung keinen Spott. Und wenn er in freundlicher Mittheilung unerſchoͤpflich war; ſo ſtockte gleich alles bey ihm, wenn er Wi¬
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tigſten, ſich gehoͤrig und gefaͤllig auszudruͤcken.
In demſelben Falle nun war der gute Jung.
Unter wenigen, wenn auch nicht gerade
Gleichgeſinnten, doch ſolchen, die ſich ſeiner
Denkweiſe nicht abgeneigt erklaͤrten, fand
man ihn nicht allein redſelig, ſondern beredt;
beſonders erzaͤhlte er ſeine Lebensgeſchichte
auf das anmuthigſte, und wußte dem Zuhoͤ¬
rer alle Zuſtaͤnde deutlich und lebendig zu
vergegenwaͤrtigen. Ich trieb ihn, ſolche auf¬
zuſchreiben, und er verſprach's. Weil er
aber in ſeiner Art ſich zu aͤußern einem
Nachtwandler glich, den man nicht anrufen
darf, wenn er nicht von ſeiner Hoͤhe herab¬
fallen, einem ſanften Strom, dem man
nichts entgegenſtellen darf, wenn er nicht
brauſen ſoll; ſo mußte er ſich in groͤßerer
Geſellſchaft oft unbehaglich fuͤhlen. Sein
Glaube duldete keinen Zweifel und ſeine Ueber¬
zeugung keinen Spott. Und wenn er in
freundlicher Mittheilung unerſchoͤpflich war;
ſo ſtockte gleich alles bey ihm, wenn er Wi¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/390>, abgerufen am 28.11.2024.
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