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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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ten, und ich fand mich bey Zeiten ein. Die
gewöhnliche Gesellschaft war beysammen, und
Jedes hatte etwas zu erzählen, zu sagen, zu
bemerken; wie denn dem einen dieß, dem an¬
dern jenes am meisten aufgefallen war. "Eure
Reden, sagte Gretchen zuletzt, machen mich
fast noch verworrner als die Begebenheiten
dieser Tage selbst. Was ich gesehen, kann
ich nicht zusammenreimen, und möchte von
manchem gar zu gern wissen, wie es sich ver¬
hält." Ich versetzte, daß es mir ein Leichtes
sey, ihr diesen Dienst zu erzeigen. Sie solle
nur sagen, wofür sie sich eigentlich interessire.
Dieß that sie, und indem ich ihr einiges
erklären wollte, fand sichs, daß es besser wäre
in der Ordnung zu verfahren. Ich verglich
nicht unschicklich diese Feyerlichkeiten und Func¬
tionen mit einem Schauspiel, wo der Vorhang
nach Belieben heruntergelassen würde, indessen
die Schauspieler fortspielten, dann werde er
wieder aufgezogen und der Zuschauer könne an
jenen Verhandlungen einigermaßen wieder Theil

ten, und ich fand mich bey Zeiten ein. Die
gewoͤhnliche Geſellſchaft war beyſammen, und
Jedes hatte etwas zu erzaͤhlen, zu ſagen, zu
bemerken; wie denn dem einen dieß, dem an¬
dern jenes am meiſten aufgefallen war. „Eure
Reden, ſagte Gretchen zuletzt, machen mich
faſt noch verworrner als die Begebenheiten
dieſer Tage ſelbſt. Was ich geſehen, kann
ich nicht zuſammenreimen, und moͤchte von
manchem gar zu gern wiſſen, wie es ſich ver¬
haͤlt.“ Ich verſetzte, daß es mir ein Leichtes
ſey, ihr dieſen Dienſt zu erzeigen. Sie ſolle
nur ſagen, wofuͤr ſie ſich eigentlich intereſſire.
Dieß that ſie, und indem ich ihr einiges
erklaͤren wollte, fand ſichs, daß es beſſer waͤre
in der Ordnung zu verfahren. Ich verglich
nicht unſchicklich dieſe Feyerlichkeiten und Func¬
tionen mit einem Schauſpiel, wo der Vorhang
nach Belieben heruntergelaſſen wuͤrde, indeſſen
die Schauſpieler fortſpielten, dann werde er
wieder aufgezogen und der Zuſchauer koͤnne an
jenen Verhandlungen einigermaßen wieder Theil

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[442/0458] ten, und ich fand mich bey Zeiten ein. Die gewoͤhnliche Geſellſchaft war beyſammen, und Jedes hatte etwas zu erzaͤhlen, zu ſagen, zu bemerken; wie denn dem einen dieß, dem an¬ dern jenes am meiſten aufgefallen war. „Eure Reden, ſagte Gretchen zuletzt, machen mich faſt noch verworrner als die Begebenheiten dieſer Tage ſelbſt. Was ich geſehen, kann ich nicht zuſammenreimen, und moͤchte von manchem gar zu gern wiſſen, wie es ſich ver¬ haͤlt.“ Ich verſetzte, daß es mir ein Leichtes ſey, ihr dieſen Dienſt zu erzeigen. Sie ſolle nur ſagen, wofuͤr ſie ſich eigentlich intereſſire. Dieß that ſie, und indem ich ihr einiges erklaͤren wollte, fand ſichs, daß es beſſer waͤre in der Ordnung zu verfahren. Ich verglich nicht unſchicklich dieſe Feyerlichkeiten und Func¬ tionen mit einem Schauſpiel, wo der Vorhang nach Belieben heruntergelaſſen wuͤrde, indeſſen die Schauſpieler fortſpielten, dann werde er wieder aufgezogen und der Zuſchauer koͤnne an jenen Verhandlungen einigermaßen wieder Theil

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/458>, abgerufen am 24.11.2024.