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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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mich sehr. Die Beschäftigung so vieler Men¬
schen von der gemeinsten Arbeit bis zu sol¬
chen, denen man einen gewissen Kunstwerth
kaum versagen konnte, war für mich höchst
anziehend. Ich machte Bekanntschaft mit
dieser Menge in vielen Zimmern hinter ein¬
ander arbeitenden jüngern und älteren Män¬
nern, und legte auch wohl selbst mitunter
Hand an. Der Vertrieb dieser Waare ging
außerordentlich stark. Wer damals baute,
oder ein Gebäude möblirte, wollte für seine
Lebenszeit versorgt seyn, und diese Wachs¬
tuchtapeten waren allerdings unverwüstlich.
Nothnagel selbst hatte genug mit Leitung des
Ganzen zu thun, und saß in seinem Comtoir
umgeben von Factoren und Handlungsdie¬
nern. Die Zeit die ihm übrig blieb, be¬
schäftigte er sich mit seiner Kunstsammlung,
die vorzüglich aus Kupferstichen bestand, mit
denen er, so wie mit Gemälden die er besaß,
auch wohl gelegentlich Handel trieb. Zu¬
gleich hatte er das Radiren lieb gewonnen;

mich ſehr. Die Beſchaͤftigung ſo vieler Men¬
ſchen von der gemeinſten Arbeit bis zu ſol¬
chen, denen man einen gewiſſen Kunſtwerth
kaum verſagen konnte, war fuͤr mich hoͤchſt
anziehend. Ich machte Bekanntſchaft mit
dieſer Menge in vielen Zimmern hinter ein¬
ander arbeitenden juͤngern und aͤlteren Maͤn¬
nern, und legte auch wohl ſelbſt mitunter
Hand an. Der Vertrieb dieſer Waare ging
außerordentlich ſtark. Wer damals baute,
oder ein Gebaͤude moͤblirte, wollte fuͤr ſeine
Lebenszeit verſorgt ſeyn, und dieſe Wachs¬
tuchtapeten waren allerdings unverwuͤſtlich.
Nothnagel ſelbſt hatte genug mit Leitung des
Ganzen zu thun, und ſaß in ſeinem Comtoir
umgeben von Factoren und Handlungsdie¬
nern. Die Zeit die ihm uͤbrig blieb, be¬
ſchaͤftigte er ſich mit ſeiner Kunſtſammlung,
die vorzuͤglich aus Kupferſtichen beſtand, mit
denen er, ſo wie mit Gemaͤlden die er beſaß,
auch wohl gelegentlich Handel trieb. Zu¬
gleich hatte er das Radiren lieb gewonnen;

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[366/0382] mich ſehr. Die Beſchaͤftigung ſo vieler Men¬ ſchen von der gemeinſten Arbeit bis zu ſol¬ chen, denen man einen gewiſſen Kunſtwerth kaum verſagen konnte, war fuͤr mich hoͤchſt anziehend. Ich machte Bekanntſchaft mit dieſer Menge in vielen Zimmern hinter ein¬ ander arbeitenden juͤngern und aͤlteren Maͤn¬ nern, und legte auch wohl ſelbſt mitunter Hand an. Der Vertrieb dieſer Waare ging außerordentlich ſtark. Wer damals baute, oder ein Gebaͤude moͤblirte, wollte fuͤr ſeine Lebenszeit verſorgt ſeyn, und dieſe Wachs¬ tuchtapeten waren allerdings unverwuͤſtlich. Nothnagel ſelbſt hatte genug mit Leitung des Ganzen zu thun, und ſaß in ſeinem Comtoir umgeben von Factoren und Handlungsdie¬ nern. Die Zeit die ihm uͤbrig blieb, be¬ ſchaͤftigte er ſich mit ſeiner Kunſtſammlung, die vorzuͤglich aus Kupferſtichen beſtand, mit denen er, ſo wie mit Gemaͤlden die er beſaß, auch wohl gelegentlich Handel trieb. Zu¬ gleich hatte er das Radiren lieb gewonnen;

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/382>, abgerufen am 26.11.2024.